DAS MARKENRECHT IN DER SCHWEIZ

von Dr. Roland Bühler, Rechtsanwalt, Zürich

Literatur (Auswahl): Baudenbacher Lauterkeitsrecht, Kommentar zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), 2001; Bock/Simon Schweizerische Rechtserlasse (SRE), Marken, Herkunftsangaben und Ursprungszeichen, 1997; David Der Rechtsschutz im Kennzeichenrecht, in Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. I/2, 2.A. 1998; ders. Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, 2.A. 1999; Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE) Richtlinien für die Markenprüfung, 2001 (vgl. hierfür sowie für weitere nützliche Drucksachen zum Markenrecht www.ige.ch); Hilti Lizenzvertragsrecht, 2001; Marbach Markenrecht, in Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Bd. III, Kennzeichenrecht, 1996; Meisser Herkunftsangaben und andere geographische Bezeichnungen, in Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Bd. III, Kennzeichenrecht, 1996; Pedrazzini/von Büren/Marbach Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 1998; Rosenkranz Handbuch über die Markeneintragung, 2.A., 1995;  Schluep Das Markenrecht als subjektives Recht, 1964; Willi MSchG, Markenschutzgesetz, Kommentar, 2002.

I. Rechtsquellen des schweizerischen Markenrechts

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Die Schweiz verfügt über kein Gesetz, welches das materielle Kennzeichenrecht einheitlich regelt wie etwa das deutsche Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (MarkenG). Vielmehr besteht mit dem Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben vom 28. August 1992 (Markenschutzgesetz, MSchG) eine auf diese beiden Zeichenarten beschränkte spezialgesetzliche Regelung, wogegen z.B. die Geschäftsbezeichnungen nur, aber immerhin UWG-Schutz geniessen (Art. 3 lit. d). Das MSchG wird ergänzt durch die Markenschutzverordnung vom 23. Dezember 1992 (MSchV), die sich vor allem mit den technischen Fragen des Eintragungsverfahrens und der Markenregisterführung befasst. Markenrechtlich einschlägig sind ferner weitere nationale Regelungen, etwa solche über den Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen,  über den Schutz der Namen und Zeichen des Roten Kreuzes sowie der UNO und weiterer zwischenstaatlicher Organisationen sowie über die Benutzung des Schweizer Namens für Uhren, u.dgl.m.

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In der Schweiz gelten verschiedene internationale Abkommen mit markenrechtlicher Bedeutung, so v.a. die Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) zum Schutze des gewerblichen Eigentums und das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (MMA), beide in der Fassung vom 14. Juli 1967. Ferner gehört die Schweiz dem Madrider Protokoll zum Madrider Abkommen (MMP), dem Nizza-Klassifikationsabkommens, dem TRIPS-Abkommen und dem Trademark Law Treaty (TLT) an. Hingegen ist das EU-Markenrecht (Markenrichtlinie, Gemeinschaftsmarke) für die Schweiz nicht direkt massgebend, sondern legt höchstens ein richtlinienkonforme Auslegung des MSchG nahe (wobei die schweizerische höchstrichterliche Rechtsprechung aber ihre Eigenständigkeit gegenüber dem Gemeinschaftsrecht betont).

II. Gegenstände des Markenschutzgesetzes (MSchG)

1. Marken (Art. 1 - 46a MSchG)

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Nach Art. 1 Abs. 1 MSchG ist die Marke ein Zeichen, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Gesetzlich geschützt ist damit zunächst die Unterscheidungs- bzw. Individualisierungsfunktion der Marke, Waren und Dienstleistungen voneinander unterscheidbar zu machen. Sie stellt heute die bedeutsamste gesetzliche Markenfunktion dar, wogegen die ehemals wichtige Herkunftsfunktion der Marke, auf die betriebliche Herkunft von Waren zu verweisen, zwar in Art. 1 Abs. 1 MSchG mitenthalten ist, aber wegen der häufigen Lizenzproduktionen und internationalen Konzerne kaum noch Bedeutung hat. Neben der im MSchG verankerten Unterscheidungs- und Herkunftsfunktion hat die Marke auch Garantiefunktion. So sind irreführende Marken nicht in das Markenregister eintragbar bzw. vom Markenschutz ausgeschlossen (N 13). Insofern garantiert die Marke, dass die durch sie selbst vermittelten Vorstellungen über die Qualität der damit markierten Waren und Dienstleistungen zutreffen. Dagegen garantiert sie keine gleichbleibende Qualität und auch keine Eigenschaften, die sich nicht direkt aus ihr selbst ergeben (vgl. aber zu den Garantiemarken hinten N 47). Als weitere Funktionen der Marken werden sodann deren Abwehrfunktion sowie deren Werbe- und Kommunikationsfunktion genannt.

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Marken können insbesondere Wörter, Buchstaben, Zahlen, bildliche Darstellungen, dreidimensionale Formen sein sowie Verbindungen solcher Elemente untereinander oder mit Farben (Art. 1 Abs. 2 MSchG). Aus dieser (nicht abschliessenden) Aufzählung zulässiger Markenelemente ergeben sich die einzelnen Erscheinungsformen der Marke. Wortmarken umfassen einzelne Wörter (Fantasiebezeichnungen, Wortabwandlungen, Personennamen), Buchstabenkombinationen (UBS) oder Zahlen («4711»), wogegen Bildmarken aus konkreten Darstellungen (Lacoste-Krokodil) oder abstrakten Symbolen (Logos) bestehen. Zulässig und auch häufig sind Verbindungen von Wortmarken und Bildmarken (Wort-Bild-Marken). Formmarken liegen bei dreidimensionalen Marken vor. Solche dreidimensionale Zeichen werden als Ergänzung auf der Ware angebracht oder für die Werbung verwendet. Aber auch die Form der Ware selbst oder deren Verpackungsform ist als Formmarke geeignet (Coca-Cola-Flasche). Farben, in denen die Wörter, Bilder oder Formen dargestellt werden, können ebenfalls Bestandteil der Marke sein. Schliesslich sind, obschon im MSchG nicht erwähnt, akustische Marken schutzfähig (Reihenfolgen von Tönen, nicht aber ein ganzes Musikstück).

2. Herkunftsangaben (Art. 47 - 50 MSchG)

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Herkunftsangaben sind nach Art. 47 MSchG direkte oder indirekte Hinweise auf die geographische Herkunft von Waren oder Dienstleistungen, einschliesslich Hinweisen auf die Beschaffenheit oder auf Eigenschaften, die mit der Herkunft zusammenhängen. Geographische Namen und Zeichen, die von den massgebenden Verkehrskreisen nicht als derartiger Herkunftshinweis verstanden werden, gelten nicht als Herkunftsangabe. Die Herkunft einer Ware bestimmt sich dabei nach dem Ort deren Herstellung oder nach der Herkunft der für sie verwendeten Ausgangsstoffe und Bestandteile. Für die Herkunft einer Dienstleistung ist der Geschäftssitz derjenigen Person, welche die Dienstleistung erbringt, oder die Staatsangehörigkeit bzw. der Wohnsitz der Personen, welche die tatsächliche Kontrolle über die Geschäftspolitik und Geschäftsführung des fraglichen Dienstleistungsunternehmens ausüben, massgebend. Die Kriterien sind im Einzelfall nach Massgabe ihres Einflusses auf den Ruf der betreffenden Waren oder Dienstleistung zu bestimmen. Entspricht eine Herkunftsangabe den Usanzen, so wird ihre Richtigkeit vermutet.

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Für die Herkunftsangaben besteht grundsätzlich Gebrauchsfreiheit für jedermann, die jedoch von zahlreichen nationalen und internationalen (oft bilateralen) Geboten und Verboten durchbrochen wird. Auf jeden Fall unzulässig ist gemäss Art. 47 Abs. 2 MSchG der Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben, der Gebrauch von Bezeichnungen, die mit einer unzutreffenden Herkunftsangabe verwechselbar sind, sowie der Gebrauch eines Namens, einer Adresse oder einer Marke im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen fremder Herkunft, wenn sich daraus eine Täuschungsgefahr ergibt.

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Herkunftsangaben können - Täuschungsfreiheit vorausgesetzt (N 6) - zu Bestandteilen von Marken gemacht werden, wogegen deren markenmässige Verwendung in Alleinstellung wegen des Schutzausschlussgrundes gemäss Art. 2. Buchst. a MSchG nicht schutzfähig wäre (vgl. N 9 ff.)

III. Absolute Schutzausschlussgründe

1. Allgemeines

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Nicht jedes Kennzeichen, das den Gesetzesbegriff des MSchG erfüllt (N 3) bzw. eine mögliche Erscheinungsform der Marke darstellt (N 4), ist gleichzeitig auch markenrechtlich schützbar. Vielmehr setzt Art. 2 MSchG Schranken des Markenschutzes, die bereits einer Markenregistrierung entgegenstehen. Es sind dies die absoluten, nämlich im Eintragungsverfahren im öffentlichen Interesse und von Amtes wegen zu beachtenden Schutzausschlussgründe (N 9 ff.). Sie bilden den Gegensatz zu den relativen Ausschlussgründen, bei denen einer Marke Rechte eines Dritten an einer älteren Marke entgegenstehen und die nur beachtlich sind, wenn sie von diesem Besserberechtigten auch wirklich geltend gemacht werden (N 16 ff.).

2. Zeichen des Gemeingutes (Art. 2 Buchst. a MSchG)

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Art. 2 Buchst. a MSchG schliesst Zeichen des Gemeingutes vom Markenschutz aus, es sei denn, dass sich solche als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden. Der Begriff des Gemeingutes umfasst Sachbezeichnungen und Beschaffenheitsangaben, elementare Zeichen sowie unmittelbare Herkunftsangaben (Namen von Städten, Regionen, Ländern). Einen Sonderfall stellen dabei die Freizeichen dar, d.h. Zeichen, die einmal unterscheidungskräftig und damit schutzfähig gewesen, dann aber aufgrund eines sprachlichen Bedeutungswandels wieder in das (schutzunfähige) Gemeingut zurückgefallen sind (z.B. "Saccharin" für Süsstoffe).

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Sachbezeichnungen (einschliesslich Freizeichen), elementare Zeichen und unmittelbare Herkunftsangaben dürfen nicht, was Folge ihrer Etablierung als Marke wäre, monopolisiert werden, da der Verkehr ihrer für die Kommunikation bedarf. Der Grund für die Schutzunfähigkeit dieser Kategorie von Zeichen liegt daher in erster Linie in deren Freihaltebedürftigkeit. Den Beschaffenheitsangaben dagegen fehlt, ob freihaltebedürftig oder nicht, die erforderliche Unterscheidungskraft. Ihre Schutzunfähigkeit ergibt sich somit aus fehlender (markenmässiger) Kennzeichnungseignung. Dabei ist zu beachten, dass in der Schweiz vier gleichwertige Landessprachen bestehen, so dass ein Zeichen grundsätzlich in keiner von diesen blosse Beschaffenheitsangabe sein darf, um schutzfähig zu sein. Ferner nimmt die Rechtsprechung beim (schweizerischen) Publikum erhebliche Fremdsprachenkenntnisse an, so dass namentlich englischsprachigen Beschaffenheitsangaben (und Sachbezeichnungen) die Schutzfähigkeit oft abgeht. Im einzelnen sind bei alledem die Sprachkenntnisse der beteiligten Verkehrskreise massgebend.

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Zeichen des Gemeinguts können sich (vor ihrer Anmeldung als Marke) im Verkehr als Individualzeichen für Waren oder Dienstleistungen eines ganz bestimmten Unternehmens bereits durchgesetzt haben. Derartige Zeichen sind gemäss Art. 2 Buchst. a MSchG als durchgesetzte Marken schutzfähig, soweit das fragliche Zeichen nicht für den Verkehr unentbehrlich bzw. absolut freihaltebedürftig ist.

3. Schutzunfähige Waren- und Verpackungsformen  (Art. 2 Buchst. b MSchG)

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Das MSchG spricht den absolut freihaltebedürftigen Zeichen die Schutzfähigkeit ab, und diese können eine solche auch durch Verkehrsdurchsetzung nicht erlangen (N 10 f.). Daran knüpft Art. 2 Buchst. b MSchG an, der gleichermassen auch Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind, absolut schutzunfähig erklärt. Es liegt für diese Art von Waren- und Verpackungsformen ein Anwendungsfall des Schutzausschlusses von Gemeingut vor. Aber auch bei bloss naheliegenden bzw. funktionalen, also nicht gerade technisch notwendigen Formen, gelten die allgemeinen Grundsätze zur Schutzfähigkeit. Sie sind als Gemeingut schutzunfähig, soweit sie sich im Verkehr nicht durchgesetzt haben.

4. Irreführende Zeichen (Art. 2 Buchst. c MSchG)

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Im allgemeinen verbindet der Verkehr (v.a. etwa der Konsument) mit einer Marke Vorstellungen über die markierte Ware oder Dienstleistung, so namentlich über deren Herkunft und Qualität, aber auch etwa über die geschäftlichen Verhältnisse des Produzenten bzw. Anbieters. Erweckt eine Marke falsche solche Vorstellungen, ist sie nach Art. 2 Buchst. c MSchG als irreführendes Zeichen schutzunfähig. Dabei greift dieses Täuschungsverbot nicht erst dann ein, wenn eine Marke konkrete Irrtümer im Verkehr bereits verursacht hat. Vielmehr macht schon eine blosse Täuschungsgefahr die betreffende Marke unzulässig. Unter Gefahr ist dabei die Wahrscheinlichkeit zu verstehen, mit der Fehlvorstellungen bei den massgeblichen Verkehrskreisen zu erwarten sind.

5. Rechts-, ordnungs- und sittenwidrige Zeichen (Art. 2 Buchst. d MSchG)

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Nach Art. 2 Buchst. d MSchG sind rechtswidrige Zeichen nicht als Marken schutzunfähig. Dies bezieht sich auf Verstösse gegen schweizerische Gesetze ebenso wie auf solche gegen Staatsverträge (z.B. betreffend staatliche Hoheitszeichen und internationale Schutzzeichen). So ist Privaten etwa der kennzeichenmässige, vor allem auch der markenmässige Gebrauch öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen verboten (Wappen, Fahnen, Schweizerkreuz , amtliche Kontroll- und Garantiezeichen sowie Stempel der Eidgenossenschaft, der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden).

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Art. 2 Buchst. d MSchG schliesst ferner ordnungs- und sittenwidrige Zeichen vom Markenschutz aus. Das sind anstössige, schamlose, ärgerniserregende oder unanständige Zeichen, also solche, die das sittliche, moralische, religiöse oder kulturelle Empfinden breiter Bevölkerungskreise oder auch nur erheblicher Minoritäten verletzen, sowie Zeichen, welche die diplomatischen oder internationalen Beziehungen stören können. Die markenmässige Verwendung der Namen von Magistraten und anderen Würdenträgern oder von öffentlichen oder privaten Einrichtungen verstösst, ohne entsprechende Einwilligung der Berechtigten, gegen die öffentliche Ordnung.

IV. Relative Schutzausschlussgründe

1. Allgemeines

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Nach Art. 3 MSchG sind Zeichen nicht als Marken schutzfähig, deren Gebrauch ein besseres Recht eines Dritten an einer älteren Marke entgegenstehen. Als ältere Marken gelten dabei hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität nach MSchG (Art. 6–8) geniessen, und Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Art. 3 Abs. 1 MSchG fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis der PVÜ in der Schweiz notorisch bekannt sind (N 33 f.). Auf die Ausschlussgründe nach Art. 3 MSchG kann sich nur der Inhaber der älteren Marke berufen, womit diese – da nicht von Amtes wegen zu beachten - als bloss relative erscheinen (zu den absoluten Ausschlussgründen N 8 ff.).

2. Zeichenidentität (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a MSchG)

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Art. 3 Abs. 1 Buchst. a MSchG schliesst Zeichen vom Markenschutz aus, die mit einer älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, bei denen also Marken- und Produktidentität besteht. Es gilt hierbei das Spezialitätsprinzip, wonach die Zeichenidentität im markenrechtlichen Sinne erst dann gegeben ist, wenn gleiche Zeichen für gleiche Waren oder Dienstleistungen als Marken gebraucht werden sollen.

3. Verwechslungsgefahr (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c MSchG)

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Art. 3 Abs. 1 Buchst. b MSchG schliesst Zeichen vom Markenschutz aus, die durch Markenidentität und Produktähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr bewirken, indem sie mit einer älteren Marke (N 16) identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind. Vom Markenschutz ebenfalls ausgeschlossen sind nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b MSchG Zeichen, die wegen Markenähnlichkeit und Produktidentität oder Produktähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr herbeiführen, weil sie einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind. Die Verwechslungsgefahr, die ein Zeichen nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c MSchG schutzunfähig macht, ist somit das Ergebnis einer Kombination von Markenidentität bzw. -ähnlichkeit und Waren- oder Dienstleistungsidentität bzw. Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit (keiner Verwechslungsgefahr bedarf es für den Schutzausschluss bei Marken- und Produktidentität; N 17).

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Nach oft wiederholten Grundsätzen der höchstrichterlichen schweizerischen Rechtsprechung bedeutet die Gefahr der Verwechslung, dass ein Kennzeichen im Schutzbereich, den ihm das Firmen-, Namens-, Marken- oder Wettbewerbsrecht verleiht, durch gleiche oder ähnliche Zeichen in seiner Funktion der Individualisierung bestimmter Personen, Waren oder Dienstleistungen gefährdet wird. Die Zeichenverwechselbarkeit – d.h. die Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen hinsichtlich Wortlaut, Form oder Bild - ist als Voraussetzung für die Verwechslungsgefahr somit weder stets erforderlich, noch ausreichend. Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG besteht vielmehr erst, aber auch immer bei einer Beeinträchtigung der Unterscheidungsfunktion einer Marke durch eine jüngeres Zeichen.

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Die Unterscheidungsfunktion einer Marke wird beeinträchtigt, sobald zu befürchten ist, dass die massgeblichen Verkehrskreise sich durch kollidierende Zeichen irreführen lassen. Ob dies zutrifft, hängt von den Umständen ab, unter denen das hierfür beachtliche Publikum die Zeichen wahrnimmt, und von der Art, wie dieses die Zeichen versteht und in der Erinnerung behält. Dabei kann die Beeinträchtigung der Unterscheidungsfunktion einer Marke durch eine unmittelbare oder mittelbare Verwechslungsgefahr bewirkt werden. Im ersteren Falle verursachen (schlechter berechtigte) gleiche oder ähnliche Zeichen Fehlzurechnungen in dem Sinne, dass die Adressaten die mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen für jene halten, die mit den besser berechtigten Zeichen individualisiert werden. Schlechter berechtigte Zeichen können aber auch eine bloss mittelbare Verwechslungsgefahr, indem die Adressaten zwar die Unterschiede der Zeichen wahrnehmen, aber aufgrund ihrer Ähnlichkeit falsche Zusammenhänge (z.B. gleiche Warenherkunft) vermuten. Sowohl die unmittelbare wie auch die mittelbare Verwechslungsgefahr stellt einen relativen Schutzausschlussgrund dar, weil letztlich eben massgebend ist, ob aufgrund der Identität oder Ähnlichkeit von Marken Fehlzurechnungen zu befürchten sind, welche das jeweils besser berechtigte Zeichen in seiner Individualisierungsfunktion gefährdet (N 19).

V. Markeneintragungsverfahren

1. Ausgangspunkte

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Die Marken sind in einem besonderen Verfahren in das schweizerische Markenregister einzutragen, das datenbankmässig geführt wird und öffentlich ist. Zuständig für die Eintragung ist das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE), eine selbständige öffentlichrechtliche Anstalt eigener Rechtspersönlichkeit mit Sitz in Bern. Das IGE ist betriebswirtschaftlich autonom und in jeder Hinsicht vom Bundeshaushalt unabhängig. Es unterhält eine hervorragende Website (www.ige.ch), auf der namentlich auch markenrechtliche Informationen und Formulare verfügbar sind.

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Die nationale Markeneintragung beim IGE wird in Art. 28 ff. MSchG näher geregelt. Das IGE vermittelt nach Massgabe der Art. 45 ff. MSchG aber auch, wenn die Schweiz für eine Marke Ursprungsland im Sinne des Madrider Markenabkommens ist (N 30), die internationale Eintragung schweizerischer Marken bei der OMPI (Organisation mondiale de la propriété intellectuelle). Damit wird die schweizerische Marke zur Basismarke für die entsprechende internationale Eintragung, die ihrerseits in jedem Vertragsland, für das der Schutz beansprucht wird, dieselbe Wirkung hat wie eine national hinterlegte und eingetragene Marke.

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Nach MSchG gilt das Eintragungsprinzip, d.h. erst die Eintragung in das schweizerische Markenregister lässt das subjektive Markenrecht entstehen (N 32). Diese Wirkung wird jedoch auf den Zeitpunkt der Hinterlegung zurückbezogen. Massgebend ist somit die Hinterlegungspriorität in dem Sinne, als das Markenrecht grundsätzlich demjenigen zusteht, der die Marke zuerst hinterlegt hat (N 33 f.).

2. Hinterlegung der Marke

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Das markenrechtliche Eintragungsverfahren beginnt mit der Hinterlegung der Marke, der Markenanmeldung. Dieses Eintragungsgesuch, ist auf dem amtlichen oder einem vom Bundesamt zugelassenen privaten Formular beim IGE (N 21) einzureichen. Zu enthalten hat es gemäss Art. 28 Abs. 2 MSchG den Namen oder die Firma des Hinterlegers, die Wiedergabe der Marke sowie das Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen, für welche die Marke beansprucht wird.

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Gemäss der Umschreibung der Hinterlegungsberechtigung in Art. 28  Abs. 1 MSchG, kann jede Person Marken hinterlegen. Neben natürlichen und juristischen Personen sind gegebenenfalls auch mehrere Personen gemeinsam hinterlegungsberechtigt, und zwar Kollektivgesellschaften in eigenem Namen und einfache Gesellschaften im Namen ihrer Mitglieder. Markenhinterleger müssen weder im schweizerischen Handelsregister eingetragen sein, noch ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.

3. Markenprüfung

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Dem IGE obliegt zunächst eine formelle Prüfung der Markenanmeldung. Es tritt nach Art. 30 Abs. 1 Buchst. a MSchG auf das Eintragungsgesuch nicht ein, wenn die Hinterlegung den Erfordernissen nach Ar. 28 Abs. 2 MSchG (N 24) nicht entspricht. Zu einer Zurückweisung der Anmeldung kommt es nach Art. 30 Abs. 1 Buchst. b MSchG, wenn die Hinterlegung den in diesem Gesetz oder in der Verordnung festgelegten formalen Erfordernissen nicht genügt oder die vorgeschriebenen Gebühren nicht bezahlt sind. In beiden Fällen kann das IGE dem Hinterleger aber Frist zur Behebung der Mängel ansetzen und auf das Eintragungsgesuch erst dann nicht eintreten oder dieses zurückweisen, wenn die Mängelbehebung nicht bzw. nicht fristgemäss erfolgt.

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Die materielle Prüfung der Markenanmeldung erstreckt sich gemäss Art. 30 Abs. 1 Buchst. c MSchG darauf, ob absolute Ausschlussgründe vorliegen (N 8-15; zum Sonderfall der Garantie- und Kollektivmarken hinten N 47 ff.). Darauf ist die Prüfung zugleich auch beschränkt. Vom IGE nicht zu prüfen sind demnach relative Ausschlussgründe, also solche, welche die Inhaber einer älteren Marke als besser Berechtigte geltend zu machen haben (N 16 ff.). Zwar stehen diese Ausschlussgründe einer Markeneintragung nicht entgegen, doch kann der besser Berechtigte sich gegen die - bereits erfolgte - Eintragung auf dem Wege eines Widerspruchverfahrens zur Wehr setzen (N 51 ff.).

4. Markeneintragung

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Sind keine Nichteintretens- oder Zurückweisungsgründe gegeben bzw. allfällige Mängel der Anmeldung beseitigt worden, nimmt das IGE die Eintragung der Marke im schweizerischen Markenregister vor, worüber der Markeninhaber ein Urkunde erhält. Die Eintragung wird ausserdem im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) veröffentlicht. Gleichermassen eingetragen und publiziert werden sodann auch Änderungen, wie Verlängerung, Widerruf, Löschung von Markeneinträgen sowie Markenübertragungen.

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Gemäss dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (N 2), dem u.a. die Schweiz und die BRD angehören, können Angehörige der Verbandsländer gestützt auf die Hinterlegung der Marke im Ursprungsland deren Eintragung in einem, mehreren oder allen Ländern des Madrider Verbandes erwirken. In der Schweiz wird dies in den Art. 44 ff. MSchG umgesetzt, wonach ein Hinterleger neben der nationalen auch eine internationale Markeneintragung bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf (WIPO, OMPI) beantragen kann. Die schweizerische Marke wird in diesen Fällen zur Basismarke des internationalen Markeneintrages.

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Voraussetzung der internationalen Registrierung ist eine vorausgegangene nationale Eintragung der Marke durch einen Angehörigen des Madrider Abkommens im Ursprungsland. Dieses kann nicht frei gewählt werden. Nach dem Madrider Abkommen ist die Schweiz vielmehr nur dann Ursprungsland, wenn der Gesuchsteller entweder in der Schweiz eine tatsächliche und nicht nur zum Schein bestehende gewerbliche oder Handelsniederlassung hat, oder wenn er seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, ohne gleichzeitig eine gewerbliche oder Handelsniederlassung in einem anderen Verbandsland zu haben, oder wenn er schweizerischer Staatsangehöriger ist. Entsprechendes gilt im umgekehrten Verhältnis für die BRD. Die Wirkung der internationalen Registrierung bei der OMPI besteht darin, dass sich der Markenschutz auf alle Verbandsländer in gleicher Weise ausdehnt, wie wenn dort eine nationale Eintragung stattgefunden hätte. Vorbehalten bleibt allerdings eine Verweigerung des Schutzanspruchs durch die zuständigen nationalen Behörden.

5. Rechtsschutz im Eintragungsverfahren

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Das Markeneintragungsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, auf das, soweit das MSchG hierzu keine Sonderregelungen enthält, das Bundesverwaltungsrecht anwendbar ist. Entscheide des IGE können mit Verwaltungsbeschwerde bei der Rekurskommission für geistiges Eigentum angefochten werden, deren Entscheide wiederum mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Schweizerische Bundesgericht weiterziehbar sind (vgl. aber zum Sonderfall des Widerspruchsverfahrens N 54).

VI. Das Markenrecht

1. Entstehung des Markenrechts

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Liegt für eine Marke kein absoluter Ausschlussgrund (N 8 ff.) vor, besteht ein Anspruch auf Eintragung in das Markenregister. Dieser Eintrag (und nicht etwa dessen Publikation) bewirkt nach Art. 5 MSchG die Entstehung des Markenrechtes (Eintragungsprinzip), wobei eine Absicht, die eingtragene Marke auch zu gebrauchen, hierfür nicht erforderlich ist (vgl. aber zum Gebrauchszwang im Hinblick auf den Erhalt des Markenrechts N 45 f.). Sodann wird das Recht an der Marke gemäss Art. 6 MSchG in seinen Wirkungen auf den Hinterlegungszeitpunkt zurückbezogen.

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Bei einer Kollision von Markenrechten mit anderen Zeichen gilt der Prioritätsgrundsatz, wonach das ältere dem jüngeren Markenrecht (oder anderen Kennzeichenrecht) vorgeht. Es gilt bei den Marken aber nicht die (zeitliche) Priorität des Rechtserwerbs, sondern der Zeitrang der Hinterlegung. Darüber hinaus klärt das Prioritätsprinzip Kollisionen von Kennzeichenrechten in dem Sinne umfassend, als Gleichwertigkeit von Marken und anderen Kennzeichenrechten besteht. Aus der Gleichwertigkeit der (objektiven) Kennzeichenrechte folgt zwingend auch die Gleichwertigkeit der von ihnen verliehenen subjektiven Kennzeichenrechte, wobei im Regelfall das ältere Recht dem jüngeren vorgeht.

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Besser berechtigt ist nach dem Prioritätsprinzip derjenige Markeninhaber, der seine Marke zuerst hinterlegt hat, sei es in der Schweiz beim IGE, die nach Art. 6 MSchG eine Hinterlegungspriorität (Art. 6 MSchG) begründet, oder in einem anderen Mitgliedsstaat der PVÜ, woraus sich eine Unionspriorität ergibt (Art. 7 MSchG). Modifiziert werden diese Grundsätze sodann durch Art. 8 MSchG bzw. durch die PVÜ. Danach kann im Sinne einer Ausstellungspriorität für die Hinterlegung das Datum des Eröffnungstages der Ausstellung beanspruchen, wer eine mit einer Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung auf einer offiziellen Ausstellung in einem Mitgliedstaat der PVÜ vorstellt (und die Marke innerhalb von sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt hinterlegt). Der Prioritätsgrundsatz erfährt sodann in Art. 14 Abs. 1 MSchG durch die Gebrauchspriorität vorbenutzter Zeichen eine wesentliche Einschränkung (N 40).

2. Inhalt des Markenrechts

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Als Gebrauchsrecht besteht das dem Markeninhaber in Art. 13 MSchG verliehene Markenrecht in der Befugnis, die Marke im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen zu gebrauchen, für die sie eingetragen ist (Art. 11 Abs. 1 MSchG). Das schliesst auch den Gebrauch der Marke in einer von der Eintragung nicht wesentlich abweichenden Form und den Gebrauch für die Ausfuhr ein (Art. 11 Abs. 2 MSchG). Der Gebrauch der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Gebrauch durch diesen selbst (Art. 11 Abs. 3 MSchG; stellvertretender Markengebrauch). Zu diesem – dogmatisch umstrittenen - Benutzungsrecht nach Art. 13 Abs. 1 MSchG tritt das Verfügungsrecht über die Marke hinzu, aufgrund dessen der Markeninhaber befugt ist, die Marke auf andere zu übertragen, Lizenzen an ihr einzuräumen und sie zu verpfänden (N 41 ff.).

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Das Markenrecht beinhaltet sodann ein Ausschliesslichkeitsrecht, das dem Markeninhaber die Befugnis verleiht, anderen zu verbieten, Zeichen zu gebrauchen, bei denen ein relativer Ausschlussgrund besteht (Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 MSchG; vorne N 16 ff.). Insoweit verbietbar ist jeder markenmässige Gebrauch solcher Zeichen, so namentlich der, das Zeichen auf Waren oder deren Verpackung anzubringen, unter ihm Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu lagern, unter ihm Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen oder unter ihm Waren ein- oder auszuführen. Darüber hinaus kann der Markeninhaber anderen aber überhaupt jeden Gebrauch der Marke im geschäftlichen Verkehr verbieten, wofür das MSchG den Gebrauch auf Geschäftspapieren und in der Werbung als Beispiele nennt. Das Verbietungsrecht erstreckt sich zudem auch (soweit sein Schutzbereich geht; N 38) auf die Abwehr einer Verwendung der Marke in fremden Firmen und Geschäftsbezeichnungen.

37

Das Markenrecht umfasst nach Art. 16 MSchG sodann ein Recht auf Kennzeichnung der eingetragenen Marke als solcher bei Wiedergabe in Wörterbüchern und anderen Nachschlagewerken (Lexika, Fach- und andere Literatur, Online-Datenbanken, CD-ROMs u.dgl.m.). Diese Kennzeichnung kann dabei namentlich in der Weise geschehen, dass der Marke Zusätze wie Wz (Warenzeichen), ™ (Trademark) oder ® beigefügt werden.

3. Schranken des Markenrechts als Ausschliesslichkeitsrecht

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Aus dem Wesen der Marke ergibt sich zunächst ein insofern bloss eingeschränkter Schutzbereich des Markenrechts, als dieser sich nur auf die Kennzeichnung der Waren und Dienstleistungen bezieht, für die die jeweilige Marke eingetragen ist. Etwas anderes gilt nur, wenn es dem Inhaber einer Marke gelungen ist, dieser eine derart überragende Verkehrsgeltung zu verschaffen, dass ihre durchschlagende Werbekraft sich nicht nur im angestammten Waren- oder Dienstleistungsbereich nutzen lässt, sondern darüber hinaus geeignet ist, auch den Absatz anderer Waren oder Dienstleistungen erheblich zu erleichtern. Eine solche sog. berühmte Marke (z.B. Coca-Cola, Swatch, Gucci, Rolls-Royce) zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich bei einem breiten Publikum allgemeiner Wertschätzung erfreut, ihre Werbekraft somit einen in den verschiedensten Bereichen nutzbaren erheblichen wirtschaftlichen Wert darstellt und deshalb auch dazu einlädt, von anderen ausgebeutet zu werden. Berühmte Marken sind auch ausserhalb ihres Gleichartigkeitsbereiches geschützt, und zwar in dem Sinne, dass für sie ein Verbotsanspruch gegen den Gebrauch für jede Art von Waren oder Dienstleistungen besteht.

39

Erschöpfung des Markenrechtes (Verbrauch) tritt ein, sobald die markierte Ware mit Zustimmung des Markeninhabers in den Verkehr gebracht worden ist. Dabei sind die Befugnisse der Inhaber von Markenschutzrechten an entsprechend geschützten Waren auch dann erschöpft, wenn die Gegenstände von den Berechtigten oder mit ihrem Einverständnis im Ausland in Verkehr gebracht worden sind (Grundsatz der internationalen Erschöpfung). Das ist namentlich für mit Zustimmung des Markeninhabers in Ausland verbrachte und dann gegen seinen Willen wieder eingeführten Markenwaren bedeutsam. Weil durch solche Parallelimporte die Kennzeichnungsfunktion der Marke nicht beeinträchtigt wird, muss es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Erschöpfung des Markenrechtes durch die Ausfuhr der Ware bleiben, kann also deren Wiedereinfuhr nicht mit markenrechtlichen Behelfen abgewehrt werden.

40

Nach Art. 14 Abs. 1 MSchG kann der Markeninhaber einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen. Dies kommt insofern einer Gebrauchspriorität vorbenutzter Zeichen gleich. Dieses Weiterbenützungsrecht, mit dem der Grundsatz der Hinterlegungspriorität (N 34) zugunsten der Gebrauchspriorität durchbrochen wird, bleibt beschränkt auf den bisherigen Gebrauch. Auch kann dieses Recht nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden. Wird andererseits der kollidierende Gebrauch eines nachbenützten  Zeichens vom Inhaber einer älteren Marke über längere Zeit widerspruchslos geduldet, kann unter Umständen eine Verwirkung des Markenrechtes eintreten (N 65).

4. Änderungen im Markenrecht

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Art. 17 verankert im MSchG den Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Marke. Danach kann der Markeninhaber die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, ganz oder teilweise übertragen. Die Übertragung ist nur in schriftlicher Form und wird gegenüber gutgläubigen Dritten erst wirksam, nachdem sie im Markenregister eingetragen worden ist.

42

Der Markeninhaber kann die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, ganz oder teilweise und für das gesamte Gebiet oder einen Teil der Schweiz anderen zum Gebrauch überlassen (Art. 18 MSchG). Eine solche Markenlizenz wird entweder einem oder mehreren Lizenznehmern unter Vorbehalt der Vergabe weiterer Lizenzen eingeräumt (einfache Lizenz) oder aber unter Ausschluss Dritter einschliesslich des Lizenzgebers erteilt (ausschliessliche Lizenz). Lizenzgeber wie Lizenznehmer können die Lizenz in das Markenregister eintragen lassen, womit spätere Erwerber von Rechten an der Marke ihr Recht nicht kraft guten Glaubens ohne diese Lizenz erwerben können (Art. 18 Abs. 2 MSchG).

43

Die Marke kann Gegenstand einer Nutzniessung, eines Pfandrechts sowie von Vollstreckungsmassnahmen sein (Art. 19 MSchG). Die Nutzniessung und die Verpfändung sind dabei gegenüber gutgläubigen Dritten aber erst wirksam, nachdem sie im Markenregister eingetragen worden sind.

5. Bestand und Erlöschen des Markenrechts

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Im schweizerischen Markenrecht gibt es keine absolut begrenzte Markenschutzdauer, nach deren Ablauf die Marke ohne weiteres zum gemeinfreien Zeichen würde. Vielmehr ist die Markeneintragung nach Art. 10 MSchG zwar nur während zehn Jahren vom Hinterlegungsdatum an gültig, wird aber jeweils um zehn Jahre verlängert, wenn ein Verlängerungsantrag vorliegt und die dafür vorgesehenen Gebühren bezahlt sind. Der Antrag muss innerhalb der letzten zwölf Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer, spätestens jedoch innerhalb einer Nachfrist von sechs Monaten nach ihrem Ablauf beim IGE eingereicht werden. Kommt es zu keiner solchen Verlängerung der Schutzdauer, so erlischt das Markenrecht.

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Das Markenrecht entsteht – zurückbezogen auf die Markenhinterlegung - mit der Eintragung der Marke in das Markenregister (N 32). Ein (vorbestehender) Zeichengebrauch ist somit nicht Voraussetzung für den Markenrechtserwerb. Wohl aber ergeben sich aus Art. 12 MSchG einschlägige Folgen eines Nichtgebrauchs der Marke nach deren Eintragung. Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht (bzw. nicht z.B. durch einen Lizenznehmer gebrauchen lassen; stellvertretender Gebrauch, N 35), so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen.

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Aus den gesetzlichen Folgen eines Nichtgebrauchs der Marke ergibt sich somit ein markenrechtlicher Gebrauchszwang. Immerhin lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, wenn der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen wird und bis dahin niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Art. 12 Abs. 1 MSchG (N 45) geltend gemacht hat.

VII. Garantie- und Kollektivmarken

1. Begriff und Wesen

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Die Garantiemarke ist gemäss der Legaldefinition in Art. 21 MSchG ein Zeichen, das unter der Kontrolle des Markeninhabers von verschiedenen Unternehmen gebraucht wird und dazu dient, die Beschaffenheit, die geographische Herkunft, die Art der Herstellung oder andere gemeinsame Merkmale von Waren oder Dienstleistungen dieser Unternehmen zu gewährleisten. Markeninhaber kann dabei eine natürliche oder juristische Person sein. Die Garantiemarke darf aber nicht für Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers oder eines mit ihm wirtschaftlich eng verbundenen Unternehmens gebraucht werden. Sodann muss der Markeninhaber jedermann gegen angemessenes Entgelt den Gebrauch der Garantiemarke für Waren oder Dienstleistungen gestatten, welche die nach dem Markenreglement (N 49) gewährleisteten gemeinsamen Merkmale aufweisen.

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Bei der Kollektivmarke liegt ein Zeichen einer Vereinigung von Fabrikations-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmungen vor, das dazu dient, Waren oder Dienstleistungen der Mitglieder der Vereinigung von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Art. 22 MSchG). Dabei muss der Inhaber der Kollektivmarke keine Qualitätsanforderungen der mit der Kollektivmarke gekennzeichneten Leistungen gewährleisten. Ebenfalls im Unterschied zur Garantiemarke kann die Kollektivmarke von der Vereinigung auch selbst gebraucht werden, so etwa, wenn sie selbst eine Unternehmung wie die Mitglieder betreibt oder wenn sie die Kollektivmarke zur Werbung für ihre eigenen Angebote gebraucht.

2. Markenreglement

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Abgesehen von den Besonderheiten vor allem der Markeninhaberschaft stellen Garantie- und Kollektivmarken gewöhnliche Marken dar. Für sie gelten denn auch die allgemeinen Markenrechtsbestimmungen, soweit keine Spezialregelungen bestehen. Zu letzteren ist Art. 23 MSchG besonders hervorzuheben, wonach für Garantie- wie auch für Kollektivmarken ein Reglement über deren Gebrauch zu erlassen und dem IGE einzureichen ist, welches dieses zu prüfen und – falls es den gesetzlichen Anforderungen genügt – zu genehmigen hat (Art. 24 MSchG). Das Reglement der Garantiemarke nennt die gemeinsamen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, welche die Marke gewährleisten soll, und muss eine wirksame Kontrolle über den Gebrauch der Marke sowie angemessene Sanktionen für Reglementsverstösse vorsehen (Art. 23 Abs. 2 MSchG). Das Reglement der Kollektivmarke bezeichnet den Kreis der Unternehmen, die zum Gebrauch der Marke berechtigt sind (Art. 23 Abs. 3 MSchG). In beiden Fällen dürfen solche Markenreglemente nicht gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen (Art. 23 Abs. 4 MSchG). Erfüllt das Reglement diese Voraussetzungen nicht oder nicht mehr und schafft der Markeninhaber nicht innerhalb einer vom Richter anzusetzenden Frist Abhilfe, so ist die Eintragung der Marke nach Ablauf dieser Frist nichtig (Art. 25 MSchG).

3. Reglementswidriger Markengebrauch

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Duldet der Markeninhaber einen wiederholten reglementswidrigen Gebrauch der Garantie- oder Kollektivmarke, werden dadurch wesentliche Bestimmungen des Reglements verletzt und schafft er nicht innerhalb einer vom Richter anzusetzenden Frist Abhilfe, so ist die Eintragung der Marke nach Ablauf dieser Frist nichtig (Art. 26 MSchG; zu allfälligen Strafsanktionen hinten N 68).

VIII. Markenschutz im Widerspruchverfahren

1. Allgemeines

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Nach Art. 31 Abs. 1 MSchG kann der Inhaber einer älteren Marke beim IGE gegen eine Markeneintragung Widerspruch wegen  relativer Ausschliessungsgründe (N 16 ff.) erheben. Das Widerspruchsverfahren zielt also darauf ab, die besseren Rechte an einer älteren Marke gegen eine jüngere durchzusetzen. Damit ist der Gegenstand dieses verwaltungsrechtlichen Zweiparteienverfahrens auch schon abschliessend umschrieben (vgl. aber N 53). Inbesondere können mit dem Widerspruch keine absoluten Ausschlussgründe (N 8 ff.) gegen Markeneinträge geltend gemacht werden.

2. Verfahren und Verfahrensgegenstand

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Der Widerspruch ist beim IGE schriftlich mit Begründung einzureichen, und zwar innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) oder - bei internationalen Eintragungen – in der Gazette des marques internationales. Innerhalb dieser Frist ist auch die Widerspruchsgebühr zu bezahlen. Einen offensichtlich unzulässigen Widerspruch weist das IGE ohne weiteres ab, anderenfalls, wird ein Schriftenwechsel angeordnet. Dabei fordert das IGE den Widerspruchsgegner zu einer Stellungnahme auf, die dieser vor Ablauf der gesetzten Frist in zwei Exemplaren einzureichen hat. Sind gegen dieselbe Markeneintragung mehrere Widersprüche eingereicht worden, so bringt das IGE die Widersprüche allen Widersprechenden zur Kenntnis. Es kann die Behandlung der Widersprüche in einem Verfahren vereinigen.

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In der Regel wird ein reiner Streit um das markenrechtlich bessere Recht des Widersprechenden Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sein. Der Widerspruchsgegner kann allerdings auch die Einrede des Nichtgebrauchs der Marke des Widersprechenden erheben (Art. 32 MSchG). Will er dies tun, hat dies bereits in seinem ersten Schriftsatz zu geschehen. Später wäre er damit ausgeschlossen. Immerhin genügt es aber, den Nichtgebrauch der älteren Marke durch den Widersprechenden zu behaupten. Dieser hat dann seinerseits den Gebrauch seiner Marke oder wichtige Gründe für den Nichtgebrauch glaubhaft zu machen (N 45 f.).

3. Entscheid über den Widerspruch

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Ist der Widerspruch begründet, so führt dies nach Art. 33 MSchG zum gänzlichen oder teilweisen Wideruf der Markeneintragung. Anderenfalls wird der Widerspruch abgewiesen. Verfügungen des IGE in Markensachen können mit Beschwerde bei der Rekurskommission für geistiges Eigentum angefochten werden, welche über den Widerspruch endgültig entscheidet. Vor allem in Fällen der Abweisung von Widersprüchen durch das IGE bzw. durch die genannte Rekurskommission zeigt sich aber die blosse Vorläufigkeit solcher Entscheide, indem es dem Widersprechenden z.B. freisteht, zum fraglichen Markeneintrag beim Zivilrichter Nichtigkeitsklage gegen den Widerspruchsgegner zu erheben (N 55). Ganz allgemein sind Widerspruchsentscheide für den Zivilrichter, der allenfalls über die gleiche Sache der gleichen Parteien zu entscheiden hat, nicht verbindlich.

IX. Zivilrechtlicher Markenschutz

1. Anspruchs- und Klageordnung des MSchG

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In Art. 52 sieht das MSchG zunächst eine markenrechtliche Feststellungsklage vor. Danach kann, wer hierfür ein rechtliches Interesse nachweist, vom Richter feststellen lassen, dass ein Recht oder Rechtsverhältnis nach MSchG besteht oder nicht besteht. Neben der damit möglichen richterlichen Feststellung der Gültigkeit von Markenrechten bzw. der Rechtmässigkeit einer Markeneintragung, geht es bei diesen Bestandesklagen vor allem um die Feststellung der Nichtigkeit von Markeneintragungen. Daran knüpft Art. 53 MSchG mit der Klage auf Übertragung einer Marke an, indem ein Kläger, anstatt auf Feststellung der Nichtigkeit der Markeneintragung auch auf Übertragung der Marke auf ihn klagen kann, wenn der Beklagte sich diese angemasst hat. Dieser Übertragungsanspruch erlischt indessen zwei Jahre nach Veröffentlichung der Markeneintragung (bzw. nach Wegfall der Zustimmung des Markeninhabers zur Markeneintragung durch an der Marke Nutzungsberechtigte wie Agenten etc.).

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Art. 48 MSchG sieht sodann Leistungsklagen bei Verletzung oder Gefährdung des Markenrechts (oder einer Herkunftsangabe) vor. Im Vordergrund steht dabei die markenrechtliche Unterlassung- bzw. Beseitigungsklage. Mit ihr kann, wer in seinem Recht an der Marke oder an einer Herkunftsangabe verletzt oder gefährdet wird, vom Richter verlangen, eine drohende Verletzung zu verbieten oder eine bestehende zu beseitigen. Ergänzend dazu gewährt Art. 48 MSchG eine markenrechtliche Auskunftsklage, mit der ein Markenberechtigter den Beklagten richterlich verpflichten lassen kann, die Herkunft der in seinem Besitz befindlichen, widerrechtlich mit der Marke oder der Herkunftsangabe versehenen Gegenstände anzugeben.

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Der Richter (im Zivilverfahren) kann nach Art. 57 MSchG die Einziehung von Gegenständen anordnen, die widerrechtlich mit einer Marke oder einer Herkunftsangabe versehen sind und sich im Besitz des Beklagten befinden (zur analogen strafrechtlichen Einziehung hinten N 70).

2. Vorsorgliche Massnahmen nach MSchG

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Wer glaubhaft macht, dass er in seinem Recht an der Marke oder der Herkunftsangabe verletzt wird oder eine solche Verletzung befürchten muss und dass ihm aus der Verletzung ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht, kann gemäss Art. 59 MSchG die Anordnung vorsorglicher Massnahmen beantragen. Es geht dabei insbesondere um Massnahmen zur Beweissicherung, zur Ermittlung der Herkunft widerrechtlich mit der Marke oder der Herkunftsangabe versehener Gegenstände, zur Wahrung eines bestehenden Zustandes oder zur vorläufigen Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen wie auch von Beseitigungsansprüchen. Gemäss Art. 59 Abs. 4 sind sodann die Art. 28c-28f  des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) betreffend vorsorgliche Massnahmen zum Persönlichkeitsschutz (Verfahren, Vollstreckung, Schadenersatz bei unberechtigten Massnahmen) auch für das Markenrecht heranzuziehen.

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Im Vorfeld vorsorglicher Massnahmen nach MSchG sieht dieses in seinen Art. 70-72 eine entsprechende Hilfeleistung der Zollverwaltung vor. So ist diese bereits ermächtigt, Berechtigte (N 62) auf bestimmte Sendungen aufmerksam zu machen, wenn der Verdacht besteht, dass widerrechtlich mit einer Marke oder einer Herkunftsangabe versehene Waren ein- oder ausgeführt werden sollen. Hat der Berechtigte konkrete Anhaltspunkte für einen markenrechtswidrigen Import- oder Export der genannten Art, so kann er der Zollverwaltung schriftlich und mit den nötigen Angaben versehen den Antrag stellen, die Freigabe der Waren zu verweigern. Diese entscheidet über einen solchen Antrag endgültig.

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Es besteht ein funktionaler Zusammenhang zwischen Zoll- und Massnahmeverfahren, indem die Zollverwaltung die betreffenden Waren bis zu zehn Arbeitstage zurückhält, um dem Berechtigten zu ermöglichen, entsprechende vorsorgliche Massnahmen zu erwirken (Art. 72 MSchG). In begründeten Fällen kann die Zollverwaltung die betreffenden Waren während höchstens zehn weiteren Arbeitstagen zurückbehalten. Ist durch das Zurückbehalten von Waren ein Schaden zu befürchten, hat die Zollverwaltung das Zurückbehalten von einer angemessenen Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig zu machen. Der Antragsteller muss den durch das Zurückbehalten von Waren entstandenen Schaden ersetzen, wenn vorsorgliche Massnahmen nicht angeordnet werden oder sich als unbegründet erweisen.

3. Schuld- bzw. deliktsrechtsrechtliche Ansprüche bei Markenverletzungen

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Für die Wiedergutmachung von Markenrechtsverletzungen verweist das MSchG in Art. 55 Abs. 2 auf die Ansprüche aus Schuld- bzw. Deliktsrecht. Dabei geht es nach Massgabe des schweizerischen Obligationenrechts (OR) um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung (Art. 41 ff. OR) sowie auf Gewinnherausgabe entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR). Auch in Markensachen sind demnach die (im MSchG materiell nicht geregelten) Anspruchsvoraussetzungen des OR maßgebend. Die entspr. Klagen können daher nur für verletzte Markenberechtigte sowie Konsumenten gegeben sein und sind für die nach Art. 56 MSchG klageberechtigten Verbände und Konsumentenorganisationen (N 62) kaum denkbar.

4. Markenschutzprozess

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Klageberechtigt sind grundsätzlich die in ihren Rechten verletzten Markenberechtigten bzw. durch Markenverletzungen allenfalls Geschädigte. Die Klageberechtigung zu markenrechtlichen Feststellungsklagen (N 55) und markenrechtlichen Leistungklagen (N 56) haben nach Art. 56 MSchG aber auch Berufs- und Wirtschaftsverbände, die nach den Statuten zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder befugt sind, und Organisationen von gesamtschweizerischer oder regionaler Bedeutung, die sich nach den Statuten dem Konsumentenschutz widmen. Dieses Klagerecht bezieht sich jedoch nur auf  Feststellungs- und Leistungklagen betreffend Herkunftsangaben und auf Feststellungklagen im Bereich der Garantie- oder Kollektivmarken.

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Die örtliche Zuständigkeit der Zivilgerichte wird im Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen vom 24. März 2000 (GestG) für die ganze Schweiz einheitlich geregelt. Nach Art. 3 GestG besteht zunächst für Klagen gegen natürliche oder juristische Personen ein Gerichtsstand an deren Wohnsitz bzw. Sitz. Dieser allgemeine Gerichtsstand ist auch für markenrechtliche Feststellungsklagen und Übertragungsklagen (N 55) sowie für markenrechtliche Leistungsklagen (N 56) gegeben. Für Klagen aus unerlaubter Handlung ist das Gericht am Wohnsitz oder Sitz der geschädigten Person oder der beklagten Partei oder am Handlungs- oder am Erfolgsort zuständig (Art. 25 GestG). Dieser Wahlgerichtsstand kann auch bei markenrechtlichen Sachverhalten für Schadenersatz- und Genugtuungs- sowie Gewinnherausgabeklagen angerufen werden. Nach Art. 33 GestG ist sodann für den Erlass vorsorglicher Massnahmen das Gericht am Ort, an dem die Zuständigkeit für die Hauptsache gegeben ist, oder am Ort, an dem die Massnahme vollstreckt werden soll, zwingend zuständig. Bei internationalen Sachverhalten besteht für Bestandesklagen (N 55) ein Gerichtsstand am schweizerischen Wohnsitz des Markeninhabers oder – bei Fehlen einer so begründeten Zuständigkeit – am Wohnsitz dessen Vertreters. Für Verletzungsklagen ist ebenfalls der Beklagtenwohnsitz zuständigkeitsbegründend, doch bestehen eurointernationale alternative Gerichtsstände am (schweizerischen) Handlungs- oder Erfolgsort (die bei nicht EU-Staaten betreffenden internationalen Sachverhalten dagegen nur subsidär angerufen werden können).

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Die Organisation des Gerichtswesen ist grundsätzlich Sache der Kantone. Diese haben aber nach Art. 58 MSchG betreffend die sachliche Zuständigkeit in Markenrechtssachen eine einzige Instanz zu bezeichnen. Aufgrund dessen sind hierfür die Handelsgerichte zuständig, oder wo es ein solches nicht gibt, die (sonst im allgemeinen zweitinstanzlich tätigen) Kantons- bzw. Obergerichte zuständig. In der Schweiz ist ferner die Regelung des Zivilprozesses grds. Ebenfalls Sache der Kantone mit der Folge, dass auch für Markenschutzprozesse über zwanzig verschiedene Zivilprozessordnungen beachtlich sind. Gegen Entscheide der genannten kantonalen Instanzen ist die Berufung an das Bundesgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig.

5. Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche - Anspruchverzicht

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Verspätete Rechtsausübung, wie sie aufgrund des Art. 2 Abs. 2 des schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) rechtsmissbräuchlich erscheinen kann, ist auch im Markenrecht als Anspruchsverwirkung zu beachten. Zwar unterliegt nicht das Markenrecht als solches der Verwirkung, wohl aber die einzelnen aus ihm fliessenden Ansprüche, namentlich die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (bezogen auf einen bestimmten gegnerischen Zeichengebrauch). Voraussetzung ist dabei, dass sich der Markeninhaber durch die Rechtsausübung mit seinem bisherigen, fremden Zeichengebrauch duldenden Verhalten in Widerspruch setzt und die plötzliche Geltendmachung markenrechtlicher  Ansprüche den anderen unbillig benachteiligt. Trifft dies zu, hat sich der Träger der prioritätsälteren Marke mit der Koexistenz des jüngeren Zeichens abzufinden.

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Von vornherein nicht widerrechtlich ist eine vom Markeninhaber gestattete Zeichenverwendung. Grundlage hierfür sind etwa zeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen, Vergleiche in Kennzeichenschutzprozessen, Unternehmenskäufe sowie Merchandising-, Franchising- und ähnliche Verträge, in deren Rahmen Dritten die Verwendung von Marken erlaubt wird. Derartige Vereinbarungen lassen das Markenrecht als solches unberührt (vgl. andererseits zur Markenübertragung, N 41). Sie umfassen nicht mehr und nicht weniger als den – Fälle der Publikumstäuschung vorbehalten – zulässigen Verzicht auf die Geltendmachung und Durchsetzung künftiger markenrechtlicher Ansprüche. In diesem Sinne kann, was den praktischen Hauptfall darstellt, namentlich auf die Geltendmachung markenrechtlicher Unterlassungsansprüche verzichtet werden.

X. Strafbestimmungen des MSchG

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Nach Art. 61 MSchG ist die vorsätzliche Markenrechtsverletzung strafbar. Den Tatbestand erfüllt, wer sich die Marke des anderen anmasst oder diese nachmacht. Strafbar nach dieser Bestimmung ist es aber auch, unter einer angemassten, nachgemachten oder nachgeahmten Marke Waren in Verkehr zu setzen oder Dienstleistungen zu erbringen, solche Waren oder Dienstleistungen anzubieten oder für sie zu werben. Strafbar macht sich zudem auch, wer sich weigert, die Herkunft von Gegenständen anzugeben, die mit einer angemassten, nachgemachten oder nachgeahmten Marke versehen sind und sich in seinem Besitz befinden. Art. 62 MSchG stellt sodann den betrügerischen Markengebrauch unter Strafe. Einen solchen begeht, wer Waren oder Dienstleistungen zum Zwecke der Täuschung widerrechtlich mit der Marke eines anderen kennzeichnet und auf diese Weise den Anschein erweckt, es handle sich um Originalwaren oder Originaldienstleistungen. Neben der betrügerischen Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen ist es zudem in gleichem Sinne strafbar, solche Waren oder Dienstleistungen als Originalwaren anzubieten oder in Verkehr zu setzen bzw. sie als Originaldienstleistungen anzubieten oder zu erbringen.

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In Art. 63 MSchG wird reglementswidriger Garantie- oder Kollektivmarkengebrauch mit Strafe bedroht. Eine solche Straftat begeht, wer eine Garantie- oder Kollektivmarke vorsätzlich in reglementswidriger Weise gebraucht oder wer sich weigert, die Herkunft der reglementswidrig mit einer Garantie- oder Kollektivmarke versehenen und in seinem Besitz befindlichen Gegenstände anzugeben. Strafbar ist sodann nach Art. 64 MSchG der Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben, wozu auch der Gebrauch einer mit einer unzutreffenden Herkunftsangabe verwechselbaren Bezeichnung gehört sowie das Schaffen von Täuschungsgefahr durch Gebrauch eines Namens, einer Adresse oder einer Marke im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen fremder Herkunft.

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Die genannten Delikte (N 67 f.) stellen an sich blosse Antragsdelikte dar. Sie sind jedoch von Amtes wegen zu verfolgen, wenn der Täter, was naturgemäss häufig der Fall sein wird, gewerbsmässig handelt. Bestraft werden die Täter mit Gefängnis (teils begrenzt auf ein bzw. fünf Jahre) oder mit Busse bis zu 20'000 bzw. bis 100'000 Franken. Wer Waren, von denen er weiss, dass sie zur Täuschung im geschäftlichen Verkehr dienen sollen, einführt, ausführt oder lagert, wird mit Haft oder mit Busse bis zu 20'000 Franken bestraft. Sind beim reglementswidrigen Gebrauch einer Garantie- oder Kollektivmarke nur unwesentliche Bestimmungen des Reglements betroffen, so kann von einer Bestrafung abgesehen werden.

70

Art. 58 des schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) betreffend die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer strafbaren Handlung gedient haben oder bestimmt waren, oder die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht worden sind, ist auch hier anwendbar. Art. 68 MSchG stellt hierzu klar, dass ein widerrechtlich mit einer Marke oder einer Herkunftsangabe versehener Gegenstand als Ganzes eingezogen werden kann. Die Art. 58 ff. StGB gehen darüber aber weit hinaus und erlauben insbesondere die Einziehung durch strafbaren Markengebrauch erwirtschafteter Erlöse und unter Umständen deren Verwendung für den durch die fraglichen Straftaten Geschädigten.