von
Dr. Roland Bühler,
Rechtsanwalt, Zürich
Literatur (Auswahl): Baudenbacher
Lauterkeitsrecht, Kommentar zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG),
2001; Bock/Simon Schweizerische
Rechtserlasse (SRE), Marken, Herkunftsangaben und Ursprungszeichen, 1997; David Der Rechtsschutz im Kennzeichenrecht,
in Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. I/2, 2.A.
1998; ders. Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz,
Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, 2.A. 1999; Eidgenössisches
Institut für Geistiges Eigentum (IGE) Richtlinien für die Markenprüfung, 2001
(vgl. hierfür sowie für weitere nützliche Drucksachen zum Markenrecht www.ige.ch); Hilti Lizenzvertragsrecht, 2001; Marbach
Markenrecht, in Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht
Bd. III, Kennzeichenrecht, 1996; Meisser Herkunftsangaben und andere geographische Bezeichnungen,
in Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Bd. III, Kennzeichenrecht,
1996; Pedrazzini/von Büren/Marbach
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 1998; Rosenkranz Handbuch über die Markeneintragung, 2.A., 1995; Schluep Das Markenrecht als subjektives Recht, 1964; Willi MSchG,
Markenschutzgesetz, Kommentar, 2002.
I. Rechtsquellen des
schweizerischen Markenrechts
1
Die Schweiz verfügt über kein Gesetz, welches das
materielle Kennzeichenrecht einheitlich regelt wie etwa das deutsche Gesetz
über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (MarkenG).
Vielmehr besteht mit dem Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben
vom 28. August 1992 (Markenschutzgesetz, MSchG)
eine auf diese beiden Zeichenarten beschränkte spezialgesetzliche Regelung,
wogegen z.B. die Geschäftsbezeichnungen nur, aber immerhin UWG-Schutz geniessen (Art. 3 lit. d). Das MSchG
wird ergänzt durch die Markenschutzverordnung vom 23. Dezember 1992 (MSchV), die sich vor allem mit den technischen Fragen des
Eintragungsverfahrens und der Markenregisterführung befasst. Markenrechtlich
einschlägig sind ferner weitere nationale Regelungen, etwa solche über den
Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen, über den Schutz der Namen und Zeichen des
Roten Kreuzes sowie der UNO und weiterer zwischenstaatlicher Organisationen
sowie über die Benutzung des Schweizer Namens für Uhren, u.dgl.m.
2
In der Schweiz gelten verschiedene internationale
Abkommen mit markenrechtlicher Bedeutung, so v.a. die Pariser Verbandsübereinkunft
(PVÜ) zum Schutze des gewerblichen Eigentums und das Madrider Abkommen
über die internationale Registrierung von Marken (MMA), beide in der Fassung
vom 14. Juli 1967. Ferner gehört die Schweiz dem Madrider Protokoll zum
Madrider Abkommen (MMP), dem Nizza-Klassifikationsabkommens, dem TRIPS-Abkommen und dem Trademark Law Treaty (TLT) an. Hingegen
ist das EU-Markenrecht (Markenrichtlinie, Gemeinschaftsmarke) für die Schweiz
nicht direkt massgebend, sondern legt höchstens ein
richtlinienkonforme Auslegung des MSchG nahe (wobei
die schweizerische höchstrichterliche Rechtsprechung aber ihre Eigenständigkeit
gegenüber dem Gemeinschaftsrecht betont).
II. Gegenstände des
Markenschutzgesetzes (MSchG)
1. Marken (Art. 1 - 46a MSchG)
3
Nach Art. 1 Abs. 1 MSchG
ist die Marke ein Zeichen, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen
eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Gesetzlich
geschützt ist damit zunächst die
Unterscheidungs- bzw. Individualisierungsfunktion
der Marke, Waren und Dienstleistungen voneinander unterscheidbar zu
machen. Sie stellt heute die bedeutsamste gesetzliche
Markenfunktion dar,
wogegen die ehemals wichtige
Herkunftsfunktion der Marke, auf die betriebliche Herkunft von Waren zu verweisen,
zwar in Art. 1 Abs. 1 MSchG mitenthalten ist, aber
wegen der häufigen
Lizenzproduktionen
und internationalen Konzerne kaum noch Bedeutung hat. Neben der im MSchG verankerten
Unterscheidungs- und Herkunftsfunktion
hat die Marke auch Garantiefunktion. So sind irreführende Marken nicht
in das Markenregister eintragbar bzw. vom Markenschutz ausgeschlossen
(N 13). Insofern garantiert die
Marke, dass die durch sie selbst
vermittelten Vorstellungen über die
Qualität der damit markierten Waren und Dienstleistungen zutreffen.
Dagegen garantiert sie keine
gleichbleibende Qualität und auch keine Eigenschaften, die sich nicht direkt
aus ihr selbst ergeben (vgl. aber zu den Garantiemarken
hinten N 47). Als weitere
Funktionen der Marken werden sodann deren Abwehrfunktion sowie deren Werbe-
und Kommunikationsfunktion genannt.
4
Marken können insbesondere Wörter, Buchstaben,
Zahlen, bildliche Darstellungen, dreidimensionale Formen sein sowie
Verbindungen solcher Elemente untereinander oder mit Farben (Art. 1 Abs. 2 MSchG). Aus dieser (nicht abschliessenden)
Aufzählung zulässiger Markenelemente ergeben sich die einzelnen Erscheinungsformen
der Marke.
Wortmarken
umfassen einzelne Wörter (Fantasiebezeichnungen, Wortabwandlungen, Personennamen),
Buchstabenkombinationen (UBS) oder Zahlen («4711»), wogegen Bildmarken aus
konkreten Darstellungen (Lacoste-Krokodil) oder abstrakten Symbolen (Logos) bestehen.
Zulässig und auch häufig sind Verbindungen von Wortmarken und Bildmarken (Wort-Bild-Marken).
Formmarken liegen bei dreidimensionalen Marken vor. Solche dreidimensionale
Zeichen werden als Ergänzung auf der Ware angebracht oder für die Werbung
verwendet. Aber auch die Form der Ware selbst oder deren Verpackungsform ist
als Formmarke geeignet (Coca-Cola-Flasche). Farben, in denen die Wörter, Bilder
oder Formen dargestellt werden, können ebenfalls Bestandteil der Marke sein.
Schliesslich sind, obschon im MSchG
nicht erwähnt, akustische Marken schutzfähig (Reihenfolgen von Tönen, nicht
aber ein ganzes Musikstück).
2.
Herkunftsangaben (Art. 47 - 50 MSchG)
5
Herkunftsangaben sind nach Art. 47 MSchG direkte oder indirekte Hinweise auf die geographische
Herkunft von Waren oder Dienstleistungen, einschliesslich
Hinweisen auf die Beschaffenheit oder auf Eigenschaften, die mit der Herkunft
zusammenhängen. Geographische Namen und Zeichen, die von den massgebenden Verkehrskreisen nicht als derartiger
Herkunftshinweis verstanden werden, gelten nicht als Herkunftsangabe. Die
Herkunft einer Ware bestimmt sich dabei nach dem Ort deren Herstellung oder
nach der Herkunft der für sie verwendeten Ausgangsstoffe und Bestandteile.
Für die Herkunft einer Dienstleistung ist der Geschäftssitz derjenigen
Person, welche die Dienstleistung erbringt, oder die Staatsangehörigkeit bzw.
der Wohnsitz der Personen, welche die tatsächliche Kontrolle über die Geschäftspolitik
und Geschäftsführung des fraglichen Dienstleistungsunternehmens ausüben, massgebend. Die Kriterien sind im Einzelfall nach Massgabe ihres Einflusses auf den Ruf der betreffenden
Waren oder Dienstleistung zu bestimmen. Entspricht eine Herkunftsangabe den Usanzen, so wird ihre Richtigkeit vermutet.
6
Für die Herkunftsangaben besteht grundsätzlich Gebrauchsfreiheit
für jedermann, die jedoch von zahlreichen nationalen und internationalen
(oft bilateralen) Geboten und Verboten durchbrochen wird. Auf jeden Fall unzulässig
ist gemäss Art. 47 Abs. 2 MSchG der Gebrauch
unzutreffender Herkunftsangaben, der Gebrauch von Bezeichnungen, die mit einer
unzutreffenden Herkunftsangabe verwechselbar sind, sowie der Gebrauch eines Namens,
einer Adresse oder einer Marke im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen
fremder Herkunft, wenn sich daraus eine Täuschungsgefahr ergibt.
7
Herkunftsangaben können - Täuschungsfreiheit
vorausgesetzt (N 6) - zu Bestandteilen von Marken gemacht werden,
wogegen deren markenmässige Verwendung in Alleinstellung
wegen des Schutzausschlussgrundes gemäss Art. 2. Buchst. a MSchG
nicht schutzfähig wäre (vgl. N 9 ff.)
III. Absolute
Schutzausschlussgründe
1. Allgemeines
8
Nicht jedes Kennzeichen, das den Gesetzesbegriff
des MSchG erfüllt (N 3) bzw. eine mögliche
Erscheinungsform der Marke darstellt (N 4), ist gleichzeitig auch markenrechtlich
schützbar. Vielmehr setzt Art. 2 MSchG
Schranken des Markenschutzes, die bereits einer Markenregistrierung entgegenstehen.
Es sind dies die absoluten, nämlich im Eintragungsverfahren im
öffentlichen Interesse und von Amtes wegen zu beachtenden Schutzausschlussgründe
(N 9 ff.). Sie bilden den Gegensatz zu den relativen Ausschlussgründen,
bei denen einer Marke Rechte eines Dritten an einer älteren Marke entgegenstehen
und die nur beachtlich sind, wenn sie von diesem Besserberechtigten auch wirklich
geltend gemacht werden (N 16 ff.).
2. Zeichen des Gemeingutes (Art. 2 Buchst. a MSchG)
9
Art. 2 Buchst. a MSchG schliesst Zeichen des Gemeingutes vom Markenschutz aus, es
sei denn, dass sich solche als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt
haben, für die sie beansprucht werden. Der Begriff des Gemeingutes
umfasst Sachbezeichnungen und Beschaffenheitsangaben, elementare Zeichen
sowie unmittelbare Herkunftsangaben (Namen von Städten, Regionen, Ländern).
Einen Sonderfall stellen dabei die Freizeichen dar, d.h. Zeichen, die einmal
unterscheidungskräftig und damit schutzfähig gewesen, dann aber aufgrund
eines sprachlichen Bedeutungswandels wieder in das (schutzunfähige) Gemeingut
zurückgefallen sind (z.B. "Saccharin" für Süsstoffe).
10
Sachbezeichnungen (einschliesslich
Freizeichen), elementare Zeichen und unmittelbare Herkunftsangaben dürfen
nicht, was Folge ihrer Etablierung als Marke wäre, monopolisiert werden,
da der Verkehr ihrer für die Kommunikation bedarf. Der Grund für die Schutzunfähigkeit
dieser Kategorie von Zeichen liegt daher in erster Linie in deren Freihaltebedürftigkeit. Den Beschaffenheitsangaben
dagegen fehlt, ob freihaltebedürftig oder nicht, die erforderliche Unterscheidungskraft. Ihre Schutzunfähigkeit ergibt sich somit
aus fehlender (markenmässiger)
Kennzeichnungseignung.
Dabei
ist zu beachten, dass in der Schweiz vier gleichwertige Landessprachen
bestehen, so dass ein Zeichen grundsätzlich in keiner von diesen blosse Beschaffenheitsangabe sein darf, um schutzfähig
zu sein. Ferner nimmt die Rechtsprechung beim (schweizerischen) Publikum erhebliche
Fremdsprachenkenntnisse an, so dass namentlich englischsprachigen Beschaffenheitsangaben
(und Sachbezeichnungen) die Schutzfähigkeit oft abgeht. Im einzelnen sind
bei alledem die Sprachkenntnisse der beteiligten Verkehrskreise massgebend.
11
Zeichen des Gemeinguts können sich (vor ihrer
Anmeldung als Marke) im Verkehr als Individualzeichen für Waren oder Dienstleistungen eines ganz bestimmten
Unternehmens bereits durchgesetzt
haben. Derartige Zeichen sind gemäss Art. 2 Buchst. a MSchG
als durchgesetzte Marken schutzfähig, soweit das fragliche
Zeichen nicht für den Verkehr unentbehrlich bzw. absolut freihaltebedürftig
ist.
3. Schutzunfähige Waren- und
Verpackungsformen (Art. 2 Buchst. b MSchG)
12
Das MSchG spricht den
absolut freihaltebedürftigen Zeichen die Schutzfähigkeit ab, und diese können
eine solche auch durch Verkehrsdurchsetzung nicht erlangen (N 10 f.). Daran
knüpft Art. 2 Buchst. b MSchG an, der gleichermassen auch Formen, die das Wesen der Ware ausmachen,
und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind, absolut
schutzunfähig erklärt. Es liegt für diese Art von Waren- und Verpackungsformen
ein Anwendungsfall des Schutzausschlusses von Gemeingut vor. Aber
auch bei bloss naheliegenden bzw. funktionalen,
also nicht gerade technisch notwendigen Formen, gelten die allgemeinen
Grundsätze zur Schutzfähigkeit. Sie sind als Gemeingut schutzunfähig, soweit
sie sich im Verkehr nicht durchgesetzt haben.
4. Irreführende Zeichen (Art. 2 Buchst. c MSchG)
13
Im allgemeinen verbindet der Verkehr (v.a. etwa
der Konsument) mit einer Marke Vorstellungen über die markierte Ware
oder Dienstleistung, so namentlich über deren Herkunft und Qualität, aber
auch etwa über die geschäftlichen
Verhältnisse des Produzenten bzw. Anbieters. Erweckt eine Marke falsche
solche Vorstellungen, ist sie nach Art. 2 Buchst. c MSchG
als irreführendes Zeichen schutzunfähig. Dabei greift dieses Täuschungsverbot
nicht erst dann ein, wenn eine Marke konkrete Irrtümer im Verkehr bereits
verursacht hat. Vielmehr macht schon eine blosse Täuschungsgefahr
die betreffende Marke unzulässig. Unter Gefahr ist dabei die Wahrscheinlichkeit
zu verstehen, mit der Fehlvorstellungen bei den massgeblichen
Verkehrskreisen zu erwarten sind.
5. Rechts-, ordnungs- und sittenwidrige Zeichen
(Art. 2 Buchst. d MSchG)
14
Nach Art. 2 Buchst. d MSchG
sind rechtswidrige Zeichen
nicht als Marken schutzunfähig. Dies bezieht sich auf Verstösse
gegen schweizerische Gesetze ebenso wie auf solche gegen Staatsverträge (z.B.
betreffend staatliche Hoheitszeichen und internationale Schutzzeichen). So
ist Privaten etwa der kennzeichenmässige, vor allem
auch der markenmässige Gebrauch öffentlicher
Wappen und anderer öffentlicher Zeichen verboten (Wappen, Fahnen,
Schweizerkreuz , amtliche Kontroll- und Garantiezeichen sowie Stempel der
Eidgenossenschaft, der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden).
15
Art. 2 Buchst. d MSchG schliesst ferner
ordnungs- und sittenwidrige Zeichen
vom Markenschutz aus. Das sind anstössige, schamlose, ärgerniserregende oder
unanständige Zeichen, also solche, die das sittliche,
moralische, religiöse oder kulturelle Empfinden breiter Bevölkerungskreise oder
auch nur erheblicher Minoritäten verletzen, sowie Zeichen, welche die
diplomatischen oder internationalen Beziehungen stören können. Die markenmässige Verwendung der Namen von
Magistraten und anderen Würdenträgern oder von öffentlichen
oder privaten Einrichtungen verstösst, ohne
entsprechende Einwilligung der Berechtigten, gegen die öffentliche Ordnung.
IV.
Relative Schutzausschlussgründe
1.
Allgemeines
16
Nach
Art. 3 MSchG sind Zeichen nicht als Marken
schutzfähig, deren Gebrauch ein besseres Recht eines Dritten an
einer älteren Marke entgegenstehen. Als ältere
Marken gelten dabei hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität
nach MSchG (Art. 6–8) geniessen,
und Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Art. 3 Abs. 1 MSchG fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis
der PVÜ in der Schweiz notorisch bekannt sind (N 33 f.). Auf die
Ausschlussgründe nach Art. 3 MSchG kann sich nur der
Inhaber der älteren Marke berufen, womit diese – da nicht von Amtes wegen zu
beachten - als bloss relative erscheinen (zu den
absoluten Ausschlussgründen N 8 ff.).
2.
Zeichenidentität (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a MSchG)
17
Art. 3 Abs. 1 Buchst. a MSchG
schliesst Zeichen vom Markenschutz aus, die mit einer
älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen
bestimmt sind, bei denen also Marken- und Produktidentität besteht. Es
gilt hierbei das Spezialitätsprinzip, wonach die Zeichenidentität im
markenrechtlichen Sinne erst dann gegeben ist, wenn gleiche Zeichen für
gleiche Waren oder Dienstleistungen als Marken gebraucht werden sollen.
3.
Verwechslungsgefahr (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c MSchG)
18
Art. 3 Abs. 1 Buchst. b MSchG
schliesst Zeichen vom Markenschutz aus, die durch Markenidentität
und Produktähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr bewirken, indem sie mit
einer älteren Marke (N 16) identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen
bestimmt sind. Vom Markenschutz ebenfalls ausgeschlossen sind nach Art. 3 Abs.
1 Buchst. b MSchG Zeichen, die wegen Markenähnlichkeit
und Produktidentität oder Produktähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr
herbeiführen, weil sie einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder
gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind.
Die Verwechslungsgefahr, die ein Zeichen
nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c MSchG
schutzunfähig macht, ist somit das Ergebnis einer Kombination
von
Markenidentität bzw.
-ähnlichkeit und Waren- oder Dienstleistungsidentität bzw. Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit
(keiner Verwechslungsgefahr
bedarf es für den Schutzausschluss bei Marken- und
Produktidentität;
N 17).
19
Nach oft wiederholten Grundsätzen der
höchstrichterlichen schweizerischen Rechtsprechung bedeutet die Gefahr der
Verwechslung, dass ein Kennzeichen im Schutzbereich, den ihm das Firmen-,
Namens-, Marken- oder Wettbewerbsrecht verleiht, durch gleiche oder ähnliche
Zeichen in seiner Funktion der Individualisierung bestimmter Personen, Waren
oder Dienstleistungen gefährdet wird. Die Zeichenverwechselbarkeit –
d.h. die Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen hinsichtlich Wortlaut, Form
oder Bild - ist als Voraussetzung für die Verwechslungsgefahr somit weder
stets erforderlich, noch ausreichend. Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von
Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG besteht vielmehr erst,
aber auch immer bei einer Beeinträchtigung der Unterscheidungsfunktion
einer Marke durch eine jüngeres Zeichen.
20
Die Unterscheidungsfunktion einer Marke wird
beeinträchtigt, sobald zu befürchten ist, dass die massgeblichen
Verkehrskreise sich durch kollidierende Zeichen irreführen lassen. Ob dies
zutrifft, hängt von den Umständen ab, unter denen das hierfür beachtliche
Publikum die Zeichen wahrnimmt, und von der Art, wie dieses die Zeichen
versteht und in der Erinnerung behält. Dabei kann die Beeinträchtigung der Unterscheidungsfunktion
einer Marke durch eine unmittelbare oder mittelbare Verwechslungsgefahr
bewirkt werden. Im ersteren Falle verursachen (schlechter berechtigte)
gleiche oder ähnliche Zeichen Fehlzurechnungen in dem Sinne, dass die
Adressaten die mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen für
jene halten, die mit den besser berechtigten Zeichen individualisiert werden.
Schlechter berechtigte Zeichen können aber auch eine bloss
mittelbare Verwechslungsgefahr, indem die Adressaten zwar die Unterschiede
der Zeichen wahrnehmen, aber aufgrund ihrer Ähnlichkeit falsche Zusammenhänge
(z.B. gleiche Warenherkunft) vermuten. Sowohl die unmittelbare wie auch
die mittelbare Verwechslungsgefahr stellt einen relativen
Schutzausschlussgrund dar, weil letztlich eben massgebend
ist, ob aufgrund der Identität oder Ähnlichkeit von Marken Fehlzurechnungen zu
befürchten sind, welche das jeweils besser berechtigte Zeichen in seiner
Individualisierungsfunktion gefährdet (N 19).
V. Markeneintragungsverfahren
1.
Ausgangspunkte
21
Die Marken sind in einem besonderen Verfahren in
das schweizerische Markenregister einzutragen, das datenbankmässig
geführt wird und öffentlich ist. Zuständig für die Eintragung ist das
Eidgenössische
Institut für Geistiges Eigentum (IGE),
eine selbständige öffentlichrechtliche Anstalt eigener Rechtspersönlichkeit
mit Sitz in Bern. Das IGE ist betriebswirtschaftlich autonom und in jeder
Hinsicht vom Bundeshaushalt unabhängig. Es unterhält eine hervorragende
Website (www.ige.ch), auf
der namentlich auch markenrechtliche Informationen und Formulare verfügbar
sind.
22
Die nationale Markeneintragung beim IGE
wird in Art. 28 ff. MSchG näher geregelt. Das IGE
vermittelt nach Massgabe der Art. 45 ff. MSchG aber auch,
wenn die Schweiz für eine Marke
Ursprungsland im Sinne des Madrider Markenabkommens ist (N 30), die internationale
Eintragung schweizerischer Marken bei der OMPI (Organisation mondiale de la propriété intellectuelle). Damit wird die schweizerische Marke zur Basismarke
für die entsprechende
internationale
Eintragung, die ihrerseits in jedem Vertragsland, für das der Schutz
beansprucht wird, dieselbe Wirkung hat wie eine national hinterlegte und eingetragene
Marke.
23
Nach MSchG gilt das Eintragungsprinzip,
d.h. erst die Eintragung in das schweizerische Markenregister lässt das
subjektive Markenrecht entstehen (N 32). Diese Wirkung wird jedoch auf den
Zeitpunkt der Hinterlegung zurückbezogen. Massgebend
ist somit die Hinterlegungspriorität in dem Sinne, als das Markenrecht
grundsätzlich demjenigen zusteht, der die Marke zuerst hinterlegt hat (N 33
f.).
2. Hinterlegung der Marke
24
Das markenrechtliche Eintragungsverfahren beginnt
mit der Hinterlegung der Marke, der Markenanmeldung. Dieses
Eintragungsgesuch, ist auf dem amtlichen oder
einem vom Bundesamt zugelassenen
privaten Formular beim IGE (N 21) einzureichen. Zu enthalten hat es
gemäss Art. 28 Abs. 2 MSchG den Namen oder die Firma
des Hinterlegers, die Wiedergabe der Marke sowie das Verzeichnis der Waren
oder Dienstleistungen, für welche die Marke beansprucht wird.
25
Gemäss der
Umschreibung der Hinterlegungsberechtigung
in Art. 28 Abs. 1 MSchG, kann
jede Person Marken hinterlegen. Neben natürlichen und juristischen Personen sind gegebenenfalls
auch mehrere Personen gemeinsam hinterlegungsberechtigt, und zwar Kollektivgesellschaften
in eigenem Namen und einfache Gesellschaften im Namen ihrer Mitglieder.
Markenhinterleger müssen weder im schweizerischen Handelsregister eingetragen
sein, noch ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
3. Markenprüfung
26
Dem IGE obliegt zunächst eine formelle Prüfung
der Markenanmeldung. Es tritt nach Art. 30 Abs. 1 Buchst. a MSchG
auf das Eintragungsgesuch nicht ein, wenn die Hinterlegung den Erfordernissen
nach Ar. 28 Abs. 2 MSchG (N 24) nicht entspricht. Zu
einer Zurückweisung der Anmeldung kommt es nach Art. 30 Abs. 1 Buchst. b MSchG, wenn die Hinterlegung den in diesem Gesetz oder in
der Verordnung festgelegten formalen Erfordernissen nicht genügt oder die
vorgeschriebenen Gebühren nicht bezahlt sind. In beiden Fällen kann das IGE dem Hinterleger aber Frist zur Behebung der
Mängel ansetzen und auf das Eintragungsgesuch erst dann nicht eintreten oder
dieses zurückweisen, wenn die Mängelbehebung nicht bzw. nicht fristgemäss erfolgt.
27
Die materielle
Prüfung der Markenanmeldung erstreckt sich gemäss Art. 30 Abs. 1 Buchst. c MSchG darauf, ob absolute Ausschlussgründe
vorliegen (N 8-15; zum Sonderfall der Garantie- und Kollektivmarken hinten N
47 ff.). Darauf ist die Prüfung zugleich auch beschränkt. Vom IGE nicht zu
prüfen sind demnach relative Ausschlussgründe, also solche, welche die Inhaber
einer älteren Marke als besser Berechtigte geltend zu machen haben (N 16 ff.).
Zwar stehen diese Ausschlussgründe einer Markeneintragung nicht entgegen, doch
kann der besser Berechtigte sich gegen die - bereits erfolgte - Eintragung auf
dem Wege eines Widerspruchverfahrens zur Wehr setzen (N 51 ff.).
4. Markeneintragung
28
Sind keine Nichteintretens- oder Zurückweisungsgründe
gegeben bzw. allfällige Mängel der Anmeldung beseitigt worden, nimmt das IGE
die Eintragung der Marke im schweizerischen Markenregister vor,
worüber der Markeninhaber ein Urkunde erhält. Die Eintragung wird ausserdem im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB)
veröffentlicht. Gleichermassen eingetragen und publiziert
werden sodann auch
Änderungen, wie
Verlängerung, Widerruf, Löschung von Markeneinträgen sowie
Markenübertragungen.
29
Gemäss dem Madrider Abkommen über die
internationale Registrierung von Marken (N 2), dem u.a. die Schweiz und die
BRD angehören, können Angehörige der Verbandsländer gestützt auf die Hinterlegung
der Marke im Ursprungsland deren Eintragung in einem, mehreren oder allen
Ländern des Madrider Verbandes erwirken. In der Schweiz wird dies in den Art.
44 ff. MSchG umgesetzt, wonach ein Hinterleger neben
der nationalen auch eine internationale Markeneintragung bei der Weltorganisation
für geistiges Eigentum in Genf (WIPO, OMPI) beantragen kann. Die schweizerische
Marke wird in diesen Fällen zur Basismarke des internationalen Markeneintrages.
30
Voraussetzung der internationalen Registrierung ist eine vorausgegangene nationale Eintragung der Marke durch einen Angehörigen
des Madrider Abkommens im Ursprungsland. Dieses kann nicht frei gewählt
werden. Nach dem Madrider
Abkommen ist die Schweiz vielmehr nur dann Ursprungsland, wenn der Gesuchsteller entweder in der Schweiz eine tatsächliche und nicht nur zum Schein bestehende
gewerbliche oder Handelsniederlassung
hat, oder wenn er seinen Wohnsitz in
der Schweiz hat, ohne gleichzeitig eine gewerbliche oder Handelsniederlassung in einem anderen Verbandsland
zu haben, oder wenn er schweizerischer
Staatsangehöriger ist. Entsprechendes gilt im umgekehrten Verhältnis für die
BRD. Die Wirkung der internationalen Registrierung bei
der OMPI besteht darin, dass sich der Markenschutz auf alle Verbandsländer in gleicher Weise ausdehnt, wie wenn dort eine
nationale Eintragung stattgefunden
hätte. Vorbehalten bleibt allerdings eine Verweigerung des Schutzanspruchs
durch die zuständigen nationalen Behörden.
5. Rechtsschutz im Eintragungsverfahren
31
Das Markeneintragungsverfahren ist ein
Verwaltungsverfahren, auf das, soweit das MSchG
hierzu keine Sonderregelungen enthält, das Bundesverwaltungsrecht anwendbar
ist. Entscheide des IGE können mit Verwaltungsbeschwerde bei der
Rekurskommission für geistiges Eigentum angefochten werden, deren Entscheide
wiederum mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Schweizerische
Bundesgericht weiterziehbar sind (vgl. aber zum Sonderfall des
Widerspruchsverfahrens N 54).
VI. Das Markenrecht
1.
Entstehung des Markenrechts
32
Liegt für eine Marke kein absoluter
Ausschlussgrund (N 8 ff.) vor, besteht ein Anspruch auf Eintragung in das
Markenregister. Dieser Eintrag (und nicht etwa dessen Publikation) bewirkt nach
Art. 5 MSchG die Entstehung des Markenrechtes
(Eintragungsprinzip), wobei eine Absicht, die eingtragene
Marke auch zu gebrauchen, hierfür nicht erforderlich ist (vgl. aber zum
Gebrauchszwang im Hinblick auf den Erhalt des Markenrechts N 45 f.). Sodann
wird das Recht an der Marke gemäss Art. 6 MSchG in
seinen Wirkungen auf den Hinterlegungszeitpunkt zurückbezogen.
33
Bei einer Kollision von Markenrechten mit anderen
Zeichen gilt der Prioritätsgrundsatz, wonach das ältere dem jüngeren
Markenrecht (oder anderen Kennzeichenrecht) vorgeht. Es gilt bei den Marken
aber nicht die (zeitliche) Priorität des Rechtserwerbs, sondern der Zeitrang
der Hinterlegung. Darüber hinaus klärt das Prioritätsprinzip Kollisionen von
Kennzeichenrechten in dem Sinne umfassend, als Gleichwertigkeit von Marken und
anderen Kennzeichenrechten besteht. Aus der Gleichwertigkeit der (objektiven)
Kennzeichenrechte folgt zwingend auch die Gleichwertigkeit der von ihnen
verliehenen subjektiven Kennzeichenrechte, wobei im Regelfall das ältere
Recht dem jüngeren vorgeht.
34
Besser berechtigt ist nach dem Prioritätsprinzip
derjenige Markeninhaber, der seine Marke zuerst hinterlegt hat, sei es in der
Schweiz beim IGE, die nach Art. 6 MSchG eine Hinterlegungspriorität
(Art. 6 MSchG) begründet, oder in einem
anderen Mitgliedsstaat der PVÜ, woraus sich eine Unionspriorität ergibt
(Art. 7 MSchG). Modifiziert werden diese Grundsätze
sodann durch Art. 8 MSchG bzw. durch die PVÜ. Danach
kann im Sinne einer Ausstellungspriorität für die Hinterlegung das Datum des
Eröffnungstages der Ausstellung beanspruchen, wer eine mit einer Marke
gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung auf einer offiziellen Ausstellung
in einem Mitgliedstaat der PVÜ vorstellt
(und die Marke innerhalb von sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt hinterlegt).
Der Prioritätsgrundsatz erfährt sodann in Art. 14 Abs. 1 MSchG
durch die Gebrauchspriorität vorbenutzter Zeichen eine wesentliche
Einschränkung (N 40).
2. Inhalt
des Markenrechts
35
Als Gebrauchsrecht besteht das dem
Markeninhaber in Art. 13 MSchG verliehene Markenrecht
in der Befugnis, die Marke im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen
zu gebrauchen, für die sie eingetragen ist (Art. 11 Abs. 1 MSchG).
Das schliesst auch den Gebrauch der Marke in einer
von der Eintragung nicht wesentlich abweichenden Form und den Gebrauch für
die Ausfuhr ein (Art. 11 Abs. 2 MSchG). Der Gebrauch
der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Gebrauch durch diesen selbst
(Art. 11 Abs. 3 MSchG; stellvertretender
Markengebrauch). Zu diesem – dogmatisch umstrittenen - Benutzungsrecht nach
Art. 13 Abs. 1 MSchG tritt das Verfügungsrecht über
die Marke hinzu, aufgrund dessen der Markeninhaber befugt ist, die Marke auf
andere zu übertragen, Lizenzen an ihr einzuräumen und sie zu verpfänden (N
41 ff.).
36
Das Markenrecht beinhaltet sodann ein Ausschliesslichkeitsrecht, das dem Markeninhaber
die Befugnis verleiht, anderen zu verbieten, Zeichen zu gebrauchen, bei denen
ein relativer Ausschlussgrund
besteht (Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 MSchG;
vorne N 16 ff.). Insoweit verbietbar ist jeder markenmässige Gebrauch solcher Zeichen, so namentlich
der, das Zeichen auf Waren oder deren Verpackung anzubringen, unter ihm
Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu lagern,
unter ihm Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen oder unter ihm Waren
ein- oder auszuführen. Darüber hinaus kann der Markeninhaber anderen aber
überhaupt jeden Gebrauch der
Marke im geschäftlichen Verkehr verbieten, wofür das MSchG den Gebrauch auf Geschäftspapieren und in der
Werbung als Beispiele nennt. Das Verbietungsrecht erstreckt sich zudem auch
(soweit sein Schutzbereich geht; N 38) auf die Abwehr einer Verwendung der
Marke in fremden Firmen und Geschäftsbezeichnungen.
37
Das Markenrecht umfasst nach Art. 16 MSchG sodann ein Recht auf Kennzeichnung der eingetragenen
Marke als solcher bei Wiedergabe in Wörterbüchern und anderen Nachschlagewerken (Lexika, Fach- und andere Literatur,
Online-Datenbanken, CD-ROMs u.dgl.m.). Diese Kennzeichnung kann dabei
namentlich in der Weise geschehen, dass der Marke Zusätze wie
Wz (Warenzeichen), ™ (Trademark)
oder ® beigefügt werden.
3. Schranken des Markenrechts als
Ausschliesslichkeitsrecht
38
Aus dem Wesen der Marke ergibt
sich zunächst ein insofern bloss eingeschränkter Schutzbereich des Markenrechts, als dieser sich
nur auf die Kennzeichnung der Waren und Dienstleistungen bezieht, für die die jeweilige Marke eingetragen ist. Etwas anderes gilt
nur, wenn es dem Inhaber einer Marke gelungen ist, dieser eine derart
überragende Verkehrsgeltung zu verschaffen, dass ihre durchschlagende Werbekraft
sich nicht nur im angestammten Waren- oder Dienstleistungsbereich nutzen
lässt, sondern darüber hinaus geeignet ist, auch den Absatz anderer Waren oder
Dienstleistungen erheblich zu erleichtern. Eine solche sog. berühmte Marke (z.B. Coca-Cola, Swatch, Gucci,
Rolls-Royce) zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich bei einem breiten
Publikum allgemeiner Wertschätzung erfreut, ihre Werbekraft somit einen in
den verschiedensten Bereichen nutzbaren erheblichen wirtschaftlichen Wert
darstellt und deshalb auch dazu einlädt, von anderen ausgebeutet zu werden.
Berühmte Marken sind
auch ausserhalb ihres Gleichartigkeitsbereiches geschützt,
und zwar in dem Sinne, dass für sie ein Verbotsanspruch gegen den Gebrauch für
jede Art von Waren oder Dienstleistungen
besteht.
39
Erschöpfung des Markenrechtes
(Verbrauch) tritt ein, sobald die markierte Ware mit Zustimmung des
Markeninhabers in den Verkehr gebracht worden ist. Dabei sind die Befugnisse
der Inhaber von Markenschutzrechten an entsprechend geschützten Waren auch dann
erschöpft, wenn die Gegenstände von den Berechtigten oder mit ihrem Einverständnis
im Ausland in Verkehr gebracht worden sind (Grundsatz der internationalen Erschöpfung).
Das ist namentlich für mit Zustimmung des Markeninhabers in Ausland verbrachte
und dann gegen seinen Willen wieder eingeführten Markenwaren bedeutsam. Weil
durch solche Parallelimporte die Kennzeichnungsfunktion der Marke nicht
beeinträchtigt wird, muss es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der
Erschöpfung des Markenrechtes durch die Ausfuhr der Ware bleiben, kann also
deren Wiedereinfuhr nicht mit markenrechtlichen Behelfen abgewehrt werden.
40
Nach Art. 14 Abs. 1 MSchG
kann der Markeninhaber einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits
vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu
gebrauchen. Dies kommt insofern einer Gebrauchspriorität vorbenutzter Zeichen
gleich. Dieses Weiterbenützungsrecht, mit dem der Grundsatz der Hinterlegungspriorität
(N 34) zugunsten der Gebrauchspriorität durchbrochen wird, bleibt beschränkt
auf den bisherigen Gebrauch. Auch kann dieses Recht nur zusammen mit dem Unternehmen
übertragen werden. Wird andererseits der kollidierende Gebrauch eines nachbenützten Zeichens vom Inhaber einer älteren Marke über
längere Zeit widerspruchslos geduldet, kann unter Umständen eine Verwirkung
des Markenrechtes eintreten (N 65).
4. Änderungen im Markenrecht
41
Art. 17 verankert im MSchG
den Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Marke. Danach kann
der Markeninhaber die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie
beansprucht wird, ganz oder teilweise übertragen. Die Übertragung ist nur in
schriftlicher Form und wird gegenüber gutgläubigen Dritten erst wirksam,
nachdem sie im Markenregister eingetragen worden ist.
42
Der Markeninhaber kann die Marke für die Waren
oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, ganz oder teilweise und
für das gesamte Gebiet oder einen Teil der Schweiz anderen zum Gebrauch
überlassen (Art. 18 MSchG). Eine solche Markenlizenz
wird entweder einem oder mehreren Lizenznehmern unter Vorbehalt der Vergabe
weiterer Lizenzen eingeräumt (einfache Lizenz) oder aber unter Ausschluss
Dritter einschliesslich des Lizenzgebers erteilt
(ausschliessliche Lizenz). Lizenzgeber wie Lizenznehmer
können die Lizenz in das Markenregister eintragen lassen, womit spätere Erwerber
von Rechten an der Marke ihr Recht nicht kraft guten Glaubens ohne diese
Lizenz erwerben können (Art. 18 Abs. 2 MSchG).
43
Die Marke kann Gegenstand einer Nutzniessung, eines Pfandrechts sowie von Vollstreckungsmassnahmen sein (Art. 19 MSchG). Die Nutzniessung und die
Verpfändung sind dabei gegenüber gutgläubigen Dritten aber erst wirksam,
nachdem sie im Markenregister eingetragen worden sind.
5. Bestand und Erlöschen des Markenrechts
44
Im schweizerischen Markenrecht gibt es keine
absolut begrenzte Markenschutzdauer, nach deren Ablauf die Marke ohne
weiteres zum gemeinfreien Zeichen würde. Vielmehr ist die Markeneintragung
nach Art. 10 MSchG zwar nur während zehn Jahren vom
Hinterlegungsdatum an gültig, wird aber jeweils um zehn Jahre verlängert, wenn
ein Verlängerungsantrag vorliegt und die dafür vorgesehenen Gebühren
bezahlt sind. Der Antrag muss innerhalb der letzten zwölf Monate vor Ablauf
der Gültigkeitsdauer, spätestens jedoch innerhalb einer Nachfrist von
sechs Monaten nach ihrem Ablauf beim IGE eingereicht werden. Kommt es zu keiner
solchen Verlängerung der Schutzdauer, so erlischt das Markenrecht.
45
Das Markenrecht entsteht – zurückbezogen auf die
Markenhinterlegung - mit der Eintragung der Marke in das Markenregister (N
32). Ein (vorbestehender) Zeichengebrauch ist somit nicht Voraussetzung für
den Markenrechtserwerb. Wohl aber ergeben sich aus Art. 12 MSchG einschlägige Folgen eines Nichtgebrauchs der Marke
nach deren Eintragung. Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den
Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines
ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der
Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht
(bzw. nicht z.B. durch einen Lizenznehmer gebrauchen lassen; stellvertretender
Gebrauch, N 35), so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch
vorliegen.
46
Aus den gesetzlichen Folgen eines Nichtgebrauchs
der Marke ergibt sich somit ein markenrechtlicher Gebrauchszwang.
Immerhin lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität
wieder auf, wenn der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals
oder erneut aufgenommen wird und bis dahin niemand den Nichtgebrauch der
Marke nach Art. 12 Abs. 1 MSchG (N 45) geltend
gemacht hat.
VII.
Garantie- und Kollektivmarken
1.
Begriff und Wesen
47
Die Garantiemarke ist gemäss der
Legaldefinition in Art. 21 MSchG ein Zeichen, das
unter der Kontrolle des Markeninhabers von verschiedenen Unternehmen gebraucht
wird und dazu dient, die Beschaffenheit, die geographische Herkunft, die Art
der Herstellung oder andere gemeinsame Merkmale von Waren oder Dienstleistungen
dieser Unternehmen zu gewährleisten. Markeninhaber kann dabei eine natürliche
oder juristische Person sein. Die Garantiemarke darf aber nicht für Waren oder
Dienstleistungen des Markeninhabers oder eines mit ihm wirtschaftlich eng
verbundenen Unternehmens gebraucht werden. Sodann muss der Markeninhaber
jedermann gegen angemessenes Entgelt den Gebrauch der Garantiemarke für Waren
oder Dienstleistungen gestatten, welche die nach dem Markenreglement (N 49)
gewährleisteten gemeinsamen Merkmale aufweisen.
48
Bei der Kollektivmarke liegt ein Zeichen
einer Vereinigung von Fabrikations-, Handels- oder
Dienstleistungsunternehmungen vor, das dazu dient, Waren oder Dienstleistungen
der Mitglieder der Vereinigung von solchen anderer Unternehmen zu
unterscheiden (Art. 22 MSchG). Dabei muss der Inhaber
der Kollektivmarke keine Qualitätsanforderungen der mit der Kollektivmarke
gekennzeichneten Leistungen gewährleisten. Ebenfalls im Unterschied zur
Garantiemarke kann die Kollektivmarke von der Vereinigung auch selbst gebraucht
werden, so etwa, wenn sie selbst eine Unternehmung wie die Mitglieder betreibt
oder wenn sie die Kollektivmarke zur Werbung für ihre eigenen Angebote gebraucht.
2. Markenreglement
49
Abgesehen von den Besonderheiten vor allem der Markeninhaberschaft stellen Garantie- und Kollektivmarken gewöhnliche Marken
dar. Für sie gelten denn auch die allgemeinen Markenrechtsbestimmungen,
soweit keine Spezialregelungen bestehen. Zu letzteren ist Art. 23 MSchG besonders hervorzuheben, wonach für Garantie- wie
auch für Kollektivmarken ein Reglement über deren Gebrauch zu erlassen und
dem IGE einzureichen ist, welches dieses zu prüfen und – falls es den
gesetzlichen Anforderungen genügt – zu genehmigen hat (Art. 24 MSchG). Das Reglement der Garantiemarke nennt die gemeinsamen
Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, welche die Marke gewährleisten soll,
und muss eine wirksame Kontrolle über den Gebrauch der Marke sowie angemessene
Sanktionen für Reglementsverstösse vorsehen (Art.
23 Abs. 2 MSchG). Das Reglement der Kollektivmarke
bezeichnet den Kreis der Unternehmen, die zum Gebrauch der Marke berechtigt
sind (Art. 23 Abs. 3 MSchG). In beiden Fällen dürfen
solche Markenreglemente nicht gegen die öffentliche Ordnung, die guten
Sitten oder geltendes Recht verstossen (Art. 23 Abs.
4 MSchG). Erfüllt das Reglement diese Voraussetzungen
nicht oder nicht mehr und schafft der Markeninhaber nicht innerhalb einer vom
Richter anzusetzenden Frist Abhilfe, so ist die
Eintragung der Marke nach Ablauf dieser Frist nichtig (Art. 25 MSchG).
3. Reglementswidriger
Markengebrauch
50
Duldet der Markeninhaber einen wiederholten reglementswidrigen Gebrauch der Garantie- oder Kollektivmarke,
werden dadurch wesentliche Bestimmungen des Reglements verletzt und schafft er
nicht innerhalb einer vom Richter anzusetzenden Frist Abhilfe, so ist die Eintragung
der Marke nach Ablauf dieser Frist nichtig (Art. 26 MSchG; zu allfälligen Strafsanktionen hinten N 68).
VIII. Markenschutz im
Widerspruchverfahren
1. Allgemeines
51
Nach Art. 31 Abs. 1 MSchG
kann der Inhaber einer älteren Marke beim IGE gegen eine Markeneintragung Widerspruch
wegen relativer Ausschliessungsgründe (N 16 ff.) erheben. Das
Widerspruchsverfahren zielt also darauf ab, die besseren Rechte an einer älteren
Marke gegen eine jüngere durchzusetzen. Damit ist der Gegenstand dieses verwaltungsrechtlichen
Zweiparteienverfahrens auch schon abschliessend umschrieben
(vgl. aber N 53). Inbesondere können mit dem
Widerspruch keine absoluten Ausschlussgründe (N 8 ff.) gegen Markeneinträge
geltend gemacht werden.
2. Verfahren und Verfahrensgegenstand
52
Der
Widerspruch ist beim IGE schriftlich mit Begründung
einzureichen, und zwar innerhalb einer
Frist von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung im
Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) oder - bei internationalen Eintragungen
– in der Gazette des marques internationales. Innerhalb
dieser Frist ist auch die Widerspruchsgebühr zu bezahlen. Einen offensichtlich
unzulässigen Widerspruch weist das IGE ohne weiteres ab, anderenfalls, wird
ein Schriftenwechsel angeordnet. Dabei
fordert das IGE den Widerspruchsgegner zu einer Stellungnahme auf, die
dieser vor Ablauf der gesetzten Frist in zwei Exemplaren
einzureichen hat. Sind gegen dieselbe Markeneintragung mehrere Widersprüche
eingereicht worden, so bringt das IGE die Widersprüche allen Widersprechenden
zur Kenntnis. Es kann die Behandlung der Widersprüche in einem Verfahren vereinigen.
53
In der Regel wird ein reiner Streit um
das markenrechtlich bessere Recht des Widersprechenden
Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sein. Der Widerspruchsgegner kann allerdings
auch die Einrede
des Nichtgebrauchs der Marke des Widersprechenden
erheben (Art. 32 MSchG). Will er dies tun, hat dies
bereits in seinem ersten Schriftsatz zu geschehen.
Später wäre er damit ausgeschlossen.
Immerhin genügt es aber, den Nichtgebrauch der älteren Marke durch den Widersprechenden
zu behaupten. Dieser hat dann seinerseits den Gebrauch seiner Marke oder
wichtige Gründe für den Nichtgebrauch glaubhaft zu machen (N 45 f.).
3. Entscheid über den Widerspruch
54
Ist der Widerspruch begründet, so führt dies nach
Art. 33 MSchG zum gänzlichen oder teilweisen Wideruf der Markeneintragung. Anderenfalls
wird der Widerspruch abgewiesen. Verfügungen des IGE in Markensachen können
mit Beschwerde bei der Rekurskommission für geistiges Eigentum
angefochten werden, welche über den Widerspruch endgültig entscheidet. Vor
allem in Fällen der Abweisung von Widersprüchen durch das IGE bzw. durch die
genannte Rekurskommission zeigt sich aber die blosse
Vorläufigkeit solcher Entscheide, indem es dem Widersprechenden z.B.
freisteht, zum fraglichen Markeneintrag beim Zivilrichter Nichtigkeitsklage
gegen den Widerspruchsgegner zu erheben (N 55). Ganz allgemein sind
Widerspruchsentscheide für den Zivilrichter, der allenfalls über die gleiche
Sache der gleichen Parteien zu entscheiden hat, nicht verbindlich.
IX. Zivilrechtlicher
Markenschutz
1. Anspruchs- und Klageordnung des
MSchG
55
In Art. 52 sieht das MSchG
zunächst eine markenrechtliche Feststellungsklage vor. Danach kann, wer
hierfür ein rechtliches Interesse nachweist, vom Richter feststellen lassen,
dass ein Recht oder Rechtsverhältnis nach MSchG
besteht oder nicht besteht. Neben der damit möglichen richterlichen
Feststellung der Gültigkeit von Markenrechten bzw. der Rechtmässigkeit
einer Markeneintragung, geht es bei diesen Bestandesklagen vor allem um die
Feststellung der Nichtigkeit von Markeneintragungen. Daran knüpft Art. 53 MSchG mit der Klage auf Übertragung einer Marke an,
indem ein Kläger, anstatt auf Feststellung der Nichtigkeit der
Markeneintragung auch auf Übertragung der Marke auf ihn klagen kann, wenn der
Beklagte sich diese angemasst hat. Dieser Übertragungsanspruch
erlischt indessen zwei Jahre nach Veröffentlichung der Markeneintragung (bzw.
nach Wegfall der Zustimmung des Markeninhabers zur Markeneintragung durch
an der Marke Nutzungsberechtigte wie Agenten etc.).
56
Art. 48 MSchG sieht
sodann Leistungsklagen bei Verletzung oder Gefährdung des Markenrechts
(oder einer Herkunftsangabe) vor. Im Vordergrund steht dabei die markenrechtliche
Unterlassung- bzw. Beseitigungsklage. Mit ihr kann, wer in seinem
Recht an der Marke oder an einer Herkunftsangabe verletzt oder gefährdet wird,
vom Richter verlangen, eine drohende Verletzung zu verbieten oder eine bestehende
zu beseitigen. Ergänzend dazu gewährt Art. 48 MSchG
eine markenrechtliche Auskunftsklage, mit der ein Markenberechtigter
den Beklagten richterlich verpflichten lassen kann, die Herkunft der in seinem
Besitz befindlichen, widerrechtlich mit der Marke oder der Herkunftsangabe
versehenen Gegenstände anzugeben.
57
Der Richter (im Zivilverfahren) kann nach Art. 57 MSchG die Einziehung von Gegenständen anordnen,
die widerrechtlich mit einer Marke oder einer Herkunftsangabe versehen sind
und sich im Besitz des Beklagten befinden (zur analogen strafrechtlichen Einziehung
hinten N 70).
2. Vorsorgliche Massnahmen
nach MSchG
58
Wer glaubhaft macht, dass er in seinem Recht an
der Marke oder der Herkunftsangabe verletzt wird oder eine solche Verletzung
befürchten muss und dass ihm aus der Verletzung ein nicht leicht
wiedergutzumachender Nachteil droht, kann gemäss Art. 59 MSchG
die Anordnung vorsorglicher Massnahmen beantragen.
Es geht dabei insbesondere um Massnahmen zur
Beweissicherung, zur Ermittlung der Herkunft widerrechtlich mit der
Marke oder der Herkunftsangabe versehener Gegenstände, zur Wahrung eines bestehenden
Zustandes oder zur vorläufigen Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen
wie auch von Beseitigungsansprüchen. Gemäss Art. 59 Abs. 4 sind sodann die
Art. 28c-28f des Schweizerischen
Zivilgesetzbuches (ZGB) betreffend vorsorgliche Massnahmen
zum Persönlichkeitsschutz (Verfahren, Vollstreckung, Schadenersatz bei
unberechtigten Massnahmen) auch für das Markenrecht
heranzuziehen.
59
Im Vorfeld vorsorglicher Massnahmen
nach MSchG sieht dieses in seinen Art. 70-72 eine
entsprechende Hilfeleistung der Zollverwaltung vor. So ist diese bereits
ermächtigt, Berechtigte (N 62) auf bestimmte Sendungen aufmerksam zu machen,
wenn der Verdacht besteht, dass widerrechtlich mit einer Marke oder einer Herkunftsangabe
versehene Waren ein- oder ausgeführt werden sollen. Hat der Berechtigte
konkrete Anhaltspunkte für einen markenrechtswidrigen Import- oder Export
der genannten Art, so kann er der Zollverwaltung schriftlich und mit den
nötigen Angaben versehen den Antrag stellen, die Freigabe der Waren zu
verweigern. Diese entscheidet über einen solchen Antrag endgültig.
60
Es besteht ein funktionaler Zusammenhang
zwischen Zoll- und Massnahmeverfahren, indem
die Zollverwaltung die betreffenden Waren bis zu zehn Arbeitstage zurückhält,
um dem Berechtigten zu ermöglichen, entsprechende vorsorgliche Massnahmen zu erwirken (Art. 72 MSchG).
In begründeten Fällen kann die Zollverwaltung die betreffenden Waren während
höchstens zehn weiteren Arbeitstagen zurückbehalten. Ist durch das
Zurückbehalten von Waren ein Schaden zu befürchten, hat die Zollverwaltung
das Zurückbehalten von einer angemessenen Sicherheitsleistung des
Antragstellers abhängig zu machen. Der Antragsteller muss den durch das
Zurückbehalten von Waren entstandenen Schaden ersetzen, wenn vorsorgliche Massnahmen nicht angeordnet werden oder sich als
unbegründet erweisen.
3. Schuld- bzw. deliktsrechtsrechtliche
Ansprüche bei Markenverletzungen
61
Für die
Wiedergutmachung von Markenrechtsverletzungen verweist das
MSchG in Art. 55 Abs. 2 auf die Ansprüche aus Schuld-
bzw. Deliktsrecht. Dabei geht es nach Massgabe des
schweizerischen Obligationenrechts (OR) um Ansprüche auf Schadenersatz und
Genugtuung (Art. 41 ff. OR) sowie auf Gewinnherausgabe entsprechend
den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR).
Auch in Markensachen sind demnach die (im MSchG
materiell nicht geregelten) Anspruchsvoraussetzungen des OR maßgebend. Die
entspr. Klagen können daher nur für verletzte Markenberechtigte sowie
Konsumenten gegeben sein und sind für die nach Art. 56 MSchG
klageberechtigten Verbände und Konsumentenorganisationen (N 62) kaum denkbar.
4. Markenschutzprozess
62
Klageberechtigt sind grundsätzlich die in ihren
Rechten verletzten Markenberechtigten bzw. durch Markenverletzungen allenfalls
Geschädigte. Die Klageberechtigung zu markenrechtlichen Feststellungsklagen
(N 55) und markenrechtlichen Leistungklagen (N 56)
haben nach Art. 56 MSchG aber auch Berufs- und
Wirtschaftsverbände, die nach den Statuten zur Wahrung der wirtschaftlichen
Interessen ihrer Mitglieder befugt sind, und Organisationen von
gesamtschweizerischer oder regionaler Bedeutung, die sich nach den Statuten dem
Konsumentenschutz widmen. Dieses Klagerecht bezieht sich jedoch nur auf Feststellungs- und Leistungklagen
betreffend Herkunftsangaben und auf Feststellungklagen
im Bereich der Garantie- oder Kollektivmarken.
63
Die örtliche Zuständigkeit der
Zivilgerichte wird im Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen vom
24. März 2000 (GestG) für die ganze Schweiz einheitlich
geregelt. Nach Art. 3 GestG besteht zunächst für
Klagen gegen natürliche oder juristische Personen ein Gerichtsstand an deren
Wohnsitz bzw. Sitz. Dieser allgemeine Gerichtsstand ist auch für markenrechtliche
Feststellungsklagen und Übertragungsklagen (N 55) sowie für markenrechtliche
Leistungsklagen (N 56) gegeben. Für Klagen aus unerlaubter Handlung ist das
Gericht am Wohnsitz oder Sitz der geschädigten Person oder der beklagten Partei
oder am Handlungs- oder am Erfolgsort zuständig
(Art. 25 GestG). Dieser Wahlgerichtsstand kann auch
bei markenrechtlichen Sachverhalten für Schadenersatz- und Genugtuungs-
sowie Gewinnherausgabeklagen angerufen werden. Nach Art. 33 GestG ist sodann für den Erlass vorsorglicher Massnahmen das Gericht am Ort, an dem die Zuständigkeit
für die Hauptsache gegeben ist, oder am Ort, an dem die Massnahme
vollstreckt werden soll, zwingend zuständig. Bei internationalen
Sachverhalten besteht für Bestandesklagen (N 55) ein Gerichtsstand am
schweizerischen Wohnsitz des Markeninhabers oder – bei Fehlen einer so
begründeten Zuständigkeit – am Wohnsitz dessen Vertreters. Für Verletzungsklagen
ist ebenfalls der Beklagtenwohnsitz zuständigkeitsbegründend, doch bestehen
eurointernationale alternative Gerichtsstände am (schweizerischen) Handlungs-
oder Erfolgsort (die bei nicht EU-Staaten
betreffenden internationalen Sachverhalten dagegen nur subsidär
angerufen werden können).
64
Die Organisation des Gerichtswesen ist grundsätzlich
Sache der Kantone. Diese haben aber nach Art. 58 MSchG
betreffend die sachliche Zuständigkeit in Markenrechtssachen eine
einzige Instanz zu bezeichnen. Aufgrund dessen sind hierfür die Handelsgerichte
zuständig, oder wo es ein solches nicht gibt, die (sonst im allgemeinen zweitinstanzlich tätigen) Kantons- bzw. Obergerichte
zuständig. In der Schweiz ist ferner die Regelung des Zivilprozesses grds. Ebenfalls Sache der Kantone mit der Folge, dass auch für Markenschutzprozesse über
zwanzig verschiedene Zivilprozessordnungen beachtlich sind. Gegen
Entscheide der genannten kantonalen
Instanzen ist die Berufung an das Bundesgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig.
5. Verwirkung markenrechtlicher Ansprüche -
Anspruchverzicht
65
Verspätete Rechtsausübung, wie sie aufgrund des Art. 2 Abs. 2 des schweizerischen Zivilgesetzbuches
(ZGB) rechtsmissbräuchlich erscheinen kann, ist auch im Markenrecht als Anspruchsverwirkung
zu beachten. Zwar unterliegt nicht das Markenrecht als solches der Verwirkung,
wohl aber die einzelnen aus ihm fliessenden
Ansprüche, namentlich die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (bezogen
auf einen bestimmten gegnerischen Zeichengebrauch). Voraussetzung ist dabei,
dass sich der Markeninhaber durch die Rechtsausübung mit seinem bisherigen,
fremden Zeichengebrauch duldenden Verhalten in Widerspruch setzt und die
plötzliche Geltendmachung markenrechtlicher
Ansprüche den anderen unbillig benachteiligt. Trifft dies zu, hat sich
der Träger der prioritätsälteren Marke mit der
Koexistenz des jüngeren Zeichens abzufinden.
66
Von vornherein nicht widerrechtlich ist eine vom
Markeninhaber gestattete Zeichenverwendung. Grundlage hierfür sind etwa
zeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen, Vergleiche in
Kennzeichenschutzprozessen, Unternehmenskäufe sowie Merchandising-,
Franchising- und ähnliche Verträge, in deren Rahmen Dritten die Verwendung
von Marken erlaubt wird. Derartige Vereinbarungen lassen das Markenrecht als
solches unberührt (vgl. andererseits zur Markenübertragung, N 41). Sie umfassen
nicht mehr und nicht weniger als den – Fälle der Publikumstäuschung
vorbehalten – zulässigen Verzicht
auf die Geltendmachung und Durchsetzung künftiger
markenrechtlicher Ansprüche. In diesem Sinne kann, was den praktischen
Hauptfall darstellt, namentlich auf die Geltendmachung markenrechtlicher
Unterlassungsansprüche verzichtet werden.
X. Strafbestimmungen
des MSchG
67
Nach Art. 61 MSchG ist
die vorsätzliche Markenrechtsverletzung strafbar. Den Tatbestand
erfüllt, wer sich die Marke des anderen anmasst oder
diese nachmacht. Strafbar nach dieser Bestimmung ist es aber auch, unter einer
angemassten, nachgemachten oder nachgeahmten Marke Waren
in Verkehr zu setzen oder Dienstleistungen zu erbringen, solche Waren oder
Dienstleistungen anzubieten oder für sie zu werben. Strafbar macht sich zudem
auch, wer sich weigert, die Herkunft von Gegenständen anzugeben, die mit einer angemassten, nachgemachten oder nachgeahmten Marke
versehen sind und sich in seinem Besitz befinden. Art. 62 MSchG
stellt sodann den betrügerischen Markengebrauch unter Strafe. Einen
solchen begeht, wer Waren oder Dienstleistungen zum Zwecke der Täuschung
widerrechtlich mit der Marke eines anderen kennzeichnet und auf diese Weise den
Anschein erweckt, es handle sich um Originalwaren oder Originaldienstleistungen.
Neben der betrügerischen Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen ist es
zudem in gleichem Sinne strafbar, solche Waren oder Dienstleistungen als Originalwaren
anzubieten oder in Verkehr zu setzen bzw. sie als Originaldienstleistungen anzubieten
oder zu erbringen.
68
In Art. 63 MSchG wird reglementswidriger Garantie- oder Kollektivmarkengebrauch
mit Strafe bedroht. Eine solche Straftat begeht, wer eine Garantie- oder
Kollektivmarke vorsätzlich in reglementswidriger
Weise gebraucht oder wer sich weigert, die Herkunft der reglementswidrig
mit einer Garantie- oder Kollektivmarke versehenen und in seinem Besitz
befindlichen Gegenstände anzugeben. Strafbar ist sodann nach Art. 64 MSchG der Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben,
wozu auch der Gebrauch einer mit einer unzutreffenden Herkunftsangabe
verwechselbaren Bezeichnung gehört sowie das Schaffen von Täuschungsgefahr
durch Gebrauch eines Namens, einer Adresse oder einer Marke im Zusammenhang
mit Waren oder Dienstleistungen fremder Herkunft.
69
Die genannten Delikte (N 67 f.) stellen an sich blosse Antragsdelikte dar. Sie sind jedoch
von Amtes wegen zu verfolgen, wenn der Täter, was naturgemäss
häufig der Fall sein wird, gewerbsmässig handelt.
Bestraft werden die Täter mit Gefängnis (teils begrenzt auf ein bzw.
fünf Jahre) oder mit Busse bis zu 20'000 bzw. bis 100'000 Franken. Wer
Waren, von denen er weiss, dass sie zur Täuschung im
geschäftlichen Verkehr dienen sollen, einführt, ausführt oder lagert, wird mit
Haft oder mit Busse bis zu 20'000 Franken bestraft. Sind beim reglementswidrigen Gebrauch einer Garantie- oder Kollektivmarke
nur unwesentliche Bestimmungen des Reglements betroffen, so kann von einer
Bestrafung abgesehen werden.
70
Art. 58 des schweizerischen Strafgesetzbuches
(StGB) betreffend die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung
einer strafbaren Handlung gedient haben oder bestimmt waren, oder die durch
eine strafbare Handlung hervorgebracht worden sind, ist auch hier anwendbar.
Art. 68 MSchG stellt hierzu klar, dass ein
widerrechtlich mit einer Marke oder einer Herkunftsangabe versehener
Gegenstand als Ganzes eingezogen werden kann. Die Art. 58 ff. StGB gehen
darüber aber weit hinaus und erlauben insbesondere die Einziehung durch
strafbaren Markengebrauch erwirtschafteter Erlöse und unter Umständen deren
Verwendung für den durch die fraglichen Straftaten Geschädigten.
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